Leseprobe

187 »1. Professor B a u m e i s t e r wird ab 16. 3. 1946 als vollbeschäftigter künstlerischer Lehrer für Malerei (kompon. Klasse) an die Staatliche Akademie der bildenden Künste in Stuttgart mit einer Unterrichtsverpflichtung von 20–24 Stunden wöchentlich berufen.«1 (Abb.1) Damit beginnt die zweite, dieses Mal neunjährige Professorenzeit in seiner Heimatstadt Stuttgart mit einem ähnlich hohen Deputat wie in Frankfurt am Main. Im zweiten Paragrafen des Vertrags wird angekündigt, dass man sofort eine Verbeamtung beantragt. Die Stelle ist als eine Professur für Malerei betitelt. Die Verbeamtung auf Lebenszeit erfolgt noch im gleichen Jahr, am 12. November 1946.2 Hinter dem sachlich formulierten ersten Paragrafen des Vertrags steckt ein Jahr nach Kriegsende die offizielle Anerkennung des Stuttgarter Künstlers, der damit die erste Professur nach dem Zweiten Weltkrieg an einer Kunstakademie für abstrakte Kunst erhielt. Da die Gebäude der Kunstakademie in der Urbanstraße am 12. September 1944 durch Spreng- und Phosphorbomben schwer zerstört wurden, begann das erste Semester nach Kriegsende am 15. August 1946 im Gebäude der 1941 mit der Kunstakademie fusionierten Kunstgewerbeschule am Weißenhof.3 Wer bewarb sich? Was brachten die Schüler:innen an Voraussetzungen nach einem zwölfjährigen Naziregime mit? Der Andrang war groß. Die Verwaltung hatte 1500 Anfragen und Bewerbungen zu bewältigen. Willi Baumeister musste im Prinzip mit allen Lehrinhalten neu beginnen. Das Foto, das zwei Jahre später, 1948, an der Akademie aufgenommen wurde, zeigt Willi Baumeister mit seinen Schüler:innen (Abb. 2). Der Unterricht war in vollem Gange, aber die Bedingungen waren noch lange nicht im Normalbereich. Bei der Korrektur trugen alle Mäntel. Die Heizmittel waren knapp. Bereits im Januar 1946 hatte sich der damalige Kultusminister und spätere erste Bundespräsident Theodor Heuss (1884–1963) dafür entschieden, Willi Baumeister als Lehrkraft an die Kunstakademie zu verpflichten.4 Baumeister dauerte der Entscheidungsprozess allerdings zu lang. Am 17. Januar trug er deshalb an Will Grohmann die Bitte heran, er möchte doch eine Scheinberufung Baumeisters nach Dresden in Erwägung ziehen, um Druck auf die Stuttgarter Wahl auszuüben. / ← / Johannes Schubert 3. v. l.: Willi Baumeister; r.: Hans Wesely (?), Stuttgart, Staatsgalerie, um 1953 / 1 / Vertrag zwischen Willi Baumeister und dem württembergisch-badischen Ministerium zur Ernennung als Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Personalakte, Archiv SABK / 2 / Regina Relang Willi Baumeister mit Schüler:innen der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart v. l. n. r.: Willi Baumeister, Carola Tolkmit, Günther König und Marthel Erhardt, 1947/48

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1