Leseprobe

2 0 2 4 ITALIENISCHER BAROCK IN DRESDEN LANDESAMT FÜR DENKMALPFLEGE SACHSEN

Rom, Sant’Ignazio, Altar des heiligen Luigi von Gonzaga, Kupferstich von Georg Konrad Bodenehr nach einer Vorzeichnung von Andrea Pozzo, 1709 Rom, Sant’Ignazio, Altar des heiligen Luigi von Gonzaga, Relief von Piere Le Gros, 1700 Rom, Sant’Ignazio, Verkündigungsaltar mit dem Grab des heiligen Jan Berchmans, Relief von Filippo della Valle, 1750 nant ausgebildeter Architektur und Skulpturenschmuck. Hinzukommen die vielfarbigen wertvollen Marmorarten, ein Materialeinsatz, der im Sarkophag des Heiligen unterhalb der Altarmensa seinen Höhepunkt findet, besteht dieser doch aus Lapislazuli. Bei der Betrachtung des Reliefs fällt schließlich der augenscheinliche »Fehler« auf: Nicht die Himmelfahrt eines Heiligen ist dargestellt, sondern ganz im Gegenteil, die Verkündigung des Herrn an Maria durch den Erzengel Gabriel, welche das Motiv für das Relief des nahezu identischen, 1750 errichteten und dem Altar des heiligen Luigi von Gonzaga genau gegenüberliegenden Altars bildet. Die Unstimmigkeiten gehen bei den Details der Rahmung des Reliefs sowie den Skulpturen weiter. Beide Personifikationen, die des Glaubens mit einem Kreuz und jene der Jungfräulichkeit mit einem Lilienzweig, werden in ihrer Position gespiegelt zum Altar des heiligen Luigi von Gonzaga platziert. Der Grund für eine solche in der Kunstgeschichte häufiger auftretende Spiegelung ist das Heranziehen einer gedruckten Vorlage, in der Regel eines Kupferstiches, der qua Medium seitenverkehrt ist. Hierbei muss der von Mengs beauftragte Zeichner, aufgrund des Zeichenstils vermutlich ein Schüler seiner Werkstatt, die entsprechende Abbildung des Altars aus einer frühen Ausgabe des Traktates Andrea Pozzos benutzt haben, da der Stich in späteren Ausgaben mit dem realen Altar übereinstimmt. Mit dieser Vorlage wird der Zeichner dann vermutlich vor Ort fälschlicherweise das Relief der Verkündigung sowie die Kolorierung des Marmors ergänzt haben. Da allerdings die Farbigkeit und Platzierung der Marmorarten das Hauptinteresse bildete, dürfte dieser Fehler als vernachlässigbar angesehen worden sein. Ohnehin blieb er folgenlos, da eine Realisierung des Altars, der wahrscheinlich für die Kapelle des heiligen Benno gedacht war, durch den Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 nie erfolgte. Jan Eining Die jesuitische Prägung der Katholischen Hofkirche in Dresden scheint in dieser Altarstudie einen Höhepunkt zu finden: Kein Geringerer als ein Altar aus der Kirche Sant’Ignazio in Rom, zusammen mit Il Gesù, einer der bedeutendsten barocken Kirchenbauten Roms und der Gesellschaft Jesu, stand Vorbild. So schreibt der Oberlandbaumeister Julius Heinrich Schwarze (1706–1775) Ende Juni 1754 an den in Rom weilenden Oberhofmaler Anton Raphael Mengs (1728–1779), der auch das Altarbild der Himmelfahrt Christi malen sollte, er möge »einen geschickten Zeichner in Rom ausfündig [...] machen«, um »einen illuminirten Riß von dem Altare des heil. Luigi Gonzaga in der heil. Ignatij Kirche zu Rom« anfertigen zu lassen. Die Präzisierung »illuminiert« deutet hierbei bereits auf den Zweck der angefragten Studie hin, da weniger die Ikonographie im Fokus stand, sondern »die Farben derer Marmor und deren Versetzung«, also der effektvolle Einsatz verschiedenfarbiger Marmorarten. Deren prächtige Erscheinung gefiel dem sächsischen Kurfürsten und polnischen König August III. (1696–1763) derart, dass er sie für eine Kapelle der Hofkirche nachzuahmen wünschte. Somit erklären sich auch die mit roter Tinte fein eingetragenen Buchstaben auf umseitiger Zeichnung, die jeweils eine Marmorart bezeichnen. Die Studie zeigt den Altaraufbau, wie ihn der jesuitische Architekt und Maler Andrea Pozzo (1642–1709) in den 1690er Jahren für den Seitenaltar des heiligen Luigi von Gonzaga entworfen hatte und den er auch in seinem einflussreichen Traktat »Der Mahler und Baumeister Perspectiv« – eine zweibändige Anleitung zur perspektivischen Konstruktion von Scheinarchitektur – wiedergab. Verschiedene Elemente zeichnen den Altarentwurf als typisch hochbarock aus: der konkav geschwungene Grundriss, die großen, doppelten salomonischen Säulen, das Wechselspiel von hervorspringenden und zurücktretenden Formen, von prägAnton Raphael Mengs (Umkreis) Rom, Sant’Ignazio, Studie des Verkündigungsaltars mit dem Grab des heiligen Jan Berchmans, um 1754 Feder, Pinsel, Aquarellfarben, auf Leinwand gezogen; 73,1× 51,2 cm Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 2. IIIa. Bl. 4.

Zum Geleit Wir freuen uns, Ihnen wieder mit ausgewählten Bildwerken aus dem reichen Bestand der wissenschaftlichen Sammlungen des Landesamtes für Denkmalpflege einen Einblick in unsere Schätze geben zu können. Ausgangspunkt unserer diesjährigen Jahresausstellung und des thematisch zugehörigen Kalenders ist der intensive Kulturaustausch zwischen Italien und Sachsen im 18. Jahrhundert, der im Begriff des »Elbflorenz« prägnanten Ausdruck findet. Bereits im Jahr 1737 beschrieb der englische Reisende Richard Pococke, Dresden mit seinen »hängenden Gärten« sähe aus »wie Florenz von Fiesoli«. Die Motive der Kalenderblätter spiegeln das breite Spektrum italienischen Einflusses und italienischer Präsenz in Dresden wider: Sie zeigen als Projekte höfischen Ursprungs zum einen die teils ausufernden Schlossentwürfe des Architekten Gaetano Chiaveri, die den erworbenen Rang der polnischen Königswürde in voller Pracht zum Ausdruck bringen sollten. Zum anderen die sakrale Architektur der Katholischen Hofkirche, die im Stil des römischen Hochbarocks errichtet an ihrer exponierten Stelle in Konkurrenz zur zeitgleich erbauten Frauenkirche trat. Die Vollendung des Kirchturms durch den kursächsischen Oberlandbaumeister Julius Heinrich Schwarze 1756 kann dabei als eine direkte Auseinandersetzung sowohl mit dem römischen Barock anhand der Erfahrungen Schwarzes als auch mit den Entwürfen Chiaveris gesehen werden. Die Rezeption des römischen Hochbarock sollte sich dabei auch im Inneren der Hofkirche fortsetzen, wie es die reich kolorierte Altarstudie aus der jesuitischen Kirche Sant’Ignazio in Rom verdeutlicht. August der Starke sandte seine Dresdner Baumeister auf Bildungsreisen nach Italien und vor allem Rom, wie 1710 den Hofbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann oder 1729 den Oberbauamtskondukteur Julius Heinrich Schwarze. Das kürzlich restaurierte großformatige Panorama Roms aus dem Jahr 1765 vermittelt einen Eindruck davon, wie die Geburtsstadt des Barock zur damaligen Zeit aussah, mit ihren großen Palazzi römischer Adelsfamilien, zahlreichen Kuppelkirchen, der Basilika Sankt Peter im Vatikan und der Engelsburg. Römische Einflüsse prägten die höfische Architektur in Sachsen seitdem, beispielhaft illustriert durch Entwürfe Matthäus Daniel Pöppelmanns zum Zwinger und zu anderen Dresdner Festbauten aus der Zeit um 1720. Das Interesse, insbesondere Schwarzes, an den aktuellen römischen Bauten und Entwürfen geht zudem aus Skizzen und Plankopien hervor, die der Baumeister während eines Studienaufenthalts in der Ewigen Stadt nach 1733 anfertigte. Hinzu kommen Arbeiten italienischer Künstler in Dresden, seien es die Fresken und Bilder des Bologneser Malers Stefano Torelli und des Venezianers Giovanni Antonio Pellegrini oder die Skulpturen des Bildhauers Lorenzo Mattielli für die Balustrade der Hofkirche und den Neptunbrunnen sowie die Marmorskulpturen des Bildhauers Pietro Balestra. Darüber hinaus stellen die Theaterbauten der Gesellschaften italienischer Opernsänger um Pietro Mingotti und Pietro Moretti nicht nur die Bautätigkeit italienischer Bauherren in Dresden dar, sondern schlagen auch die Verbindung zur italienischen Musik und Oper als zentralem Transfergut und wichtigem Aspekt des höfischen Lebens. Der ebenso bedeutsame Aspekt des Erwerbs italienischer Kunst wird schließlich durch ausgewählte Beispiele aus dem Stichwerk zur Gemäldegalerie illustriert. Ich wünsche Ihnen interessante Einblicke in unsere Ausstellung und auf das heutige Dresden, aber auch Freude an den Kalenderblättern, die auf den Rückseiten wie gewohnt durch weiteres Bildmaterial und kenntnisreiche Texte ergänzt werden. Alf Furkert Sächsischer Landeskonservator Giuseppe Vasi, Panoramaansicht von Rom, mit ausführlicher Legende, 1765

Impressum Herausgeber: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen © für sämtliche Texte: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen © für die Abbildungen der Vorderseiten: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Bildsammlung: Kalenderblatt 7, 10 Wolfgang Junius: Kalenderblatt 3 Sven Köhler: Titel, Geleit, Kalenderblatt 1, 4, 6, 8, 9, 11 Carsten Wintermann: Kalenderblatt 2 Privatsammlung, Michael Kretzschmar: Kalenderblatt 12 Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Farbdiaarchiv Mitteleuropäische Wand- und Deckenmalerei, Stuckdekoration und Raumausstattungen, Rolf-Werner Nehrdich: Kalenderblatt 5 © für die Abbildungen der Rückseiten: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Bildsammlung: Titel o., 10 m. und u. Wolfgang Junius: Kalenderblatt 10 o., 11 o., 12 ol. Sven Köhler: Kalenderblatt 1, 2 u., 3 o. und u., 4 o. und u., 6, 8o. und u., 9u., 11m. und u. Julia Maitschke: Kalenderblatt 7 u. Waltraud Rabich: Kalenderblatt 5 o., 7 o. Heidelberg, Universitätsbibliothek: Titel unten, Kalenderblatt 4 m. Köln, Rheinisches Bildarchiv: Kalenderblatt 9 o. München, Bayerische Staatsbibliothek: Kalenderblatt 3 m. Privatsammlung, Michael Kretzschmar: Kalenderblatt 12 or. und u. Rom, Accademia Nazionale di San Luca, Archivio Storico: Kalenderblatt 8 m. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Elke Estel, Hans-Peter Klut: Kalenderblatt 2 o. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Daphneprojekt: Kalenderblatt 5 m. Wikimedia Commons: Kalenderblatt 9 m. Redaktion: Jan Eining, Konstantin Hermann, Tobias Knobelsdorf, Silke Kosbab, Martin Schuster und Sabine Webersinke im Landesamt für Denkmalpflege Sachsen Satz und Reprografie: Sandstein Kommunikation GmbH ISBN 978-3-95498-785-6 Redaktionsschluss: 9. Oktober 2023 Druck: Lößnitz Druck GmbH Güterhofstraße 5, 01445 Radebeul Auflage: 1000 Exemplare Alle Rechte, insbesondere der Reproduktion und Verbreitung durch Print- und elektronische Medien, vorbehalten.

Januar Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi 12345678910111213141516171819202122232425262728293031 Lorenzo Zucchi nach Gaetano Chiaveri · Dresden, Katholische Hofkirche, Aufriss der Hauptfassade und Grundrisse des ersten bis vierten Turmgeschosses · 1739/40

Die Katholische Hofkirche, geweiht der Allerheiligsten Dreifaltigkeit (Sanctissimae Trinitatis) und 1980 zur Kathedrale des Bistums Dresden-Meißen erhoben, ist einer der beherrschenden Bauten der Dresdner Stadtsilhouette zur Elbe hin. Die Konversion Kurfürst Friedrich Augusts I. (Augusts des Starken, 1670–1733) zum Katholizismus als Voraussetzung für die polnische Königswahl im Jahre 1697 (dort als König August II.) stellte für Sachsen als protestantisches Kernland eine bedeutende Veränderung dar. Ein Neubau für katholische Gottesdienste war im Rahmen der Projekte für den Schlossneubau vorgesehen, kam aber nicht zur Umsetzung. Erst Friedrich August II. (1696– 1763), seit 1733 Kurfürst und seit 1734 als August III. König von Polen, gab den Auftrag für die Errichtung eines katholischen Kirchenbaus. Damit wurde 1738 jedoch keiner der Architekten des kurfürstlichen Oberbauamtes bedacht, sondern der aus Rom stammende Gaetano Chiaveri (1689–1770). Dieser war über den russischen Zarenhof an den polnischen Königshof in Warschau gelangt. Er fertigte bis 1738 die Pläne für den Kirchenneubau an, der unmittelbar neben dem Residenzschloss am Rande der AltDresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke, 1749, Lichtdruck nach Bernardo Bellotto, gen. Canaletto (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Bibliothek) Lorenzo Zucchi (Venedig 1704–1779 Dresden) nach Gaetano Chiaveri (Rom 1689–1770 Foligno) Dresden, Katholische Hofkirche, Aufriss der Hauptfassade und Grundrisse des ersten bis vierten Turmgeschosses, 1739/40 Bezeichnet: Caietanus Claverÿ Archit: S. R. M.tis Inven: et delin: / L. Zucchi sc: et excudit Dresdæ cum Privil: S. R. M.tis Beschriftet: Facciata della detta Chiesa / Fenimento del Campanile / Ordine 3.° / Ordine 2.° / Ordine 4.° Kupferstich; 67,5 × 49,4 cm (Platte) Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 2. Va. Bl. 10 Dresden, Katholische Hofkirche, Längsschnitt, 1739/40, Kupferstich von Lorenzo Zucchi nach einer Zeichnung von Gaetano Chiaveri (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 2. Va. Bl. 12) stadt und am Beginn der Augustusbrücke errichtet werden sollte. Diese Entscheidung bedeutete erhebliche Änderungen der überkommenen Stadtstruktur: Teile der elbseitigen Festungsanlage und die Münze wurden abgebrochen und weitere Bögen der Elbbrücke zugeschüttet. Am Brückenkopf entstand der Schlossplatz, umfasst von Georgentor, Brühlschem Palais und Hofkirche. Erste Entwürfe hatten den Kircheneingang zum Schloss hin ausgerichtet und den Bau mit der Rückansicht zur Elbe orientiert. In der Überarbeitung entstand schließlich die umgesetzte Variante: Der Kirchenbau wurde schräg zur Elbe mit seinem Haupteingang zur Brücke hin ausgerichtet. Die Hofkirche setzte damit ein deutlich sichtbares Zeichen des katholischen Herrscherhauses in der bisher durch die 1736 fertiggestellte Sandsteinkuppel der evangelischen Frauenkirche geprägten Stadtansicht. Eine Betonung erfolgt durch den markanten Turm, der dem eigentlichen Kirchenbau vorgelagert wirkt. Der Chor liegt im Südwesten, von der üblichen Ostung wurde aus städtebaulichen Gründen abgewichen. Das Innere der Kirche ist durch den basilikalen Querschnitt geprägt und setzt sich aus dem hohen, lichtdurchfluteten Mittelschiff und den umgebenden niedrigeren Seitenschiffen zusammen, die als Prozessionsumgang fungierten. Die Bauausführung begann mit den Vorarbeiten 1737. Die Ausführung wurde bis 1756 unter Leitung Johann Christoph Knöffels (1686– 1752) weitergeführt und durch Julius Heinrich Schwarze (1706– 1775) abgeschlossen, da Chiaveri 1748 aus Dresden abgereist war. Der Innenausbau wurde wegen des Siebenjährigen Krieges vereinfacht und ohne Deckengemälde ausgeführt. In der barocken Residenzstadt Dresden stellt die Hofkirche mit ihren Sandsteinfassaden einen baulichen Höhepunkt dar. Sie vermittelt durch die starke plastische Gliederung in Grund- und Aufriss trotz der Baumasse eine große Leichtigkeit. Dieser Eindruck wird unterstrichen durch die Teilung in zwei Geschosse und die prominent platzierten Heiligenfiguren auf den Balustraden der Dächer. Als Zeugnis italienischer Barockarchitektur dokumentiert die Hofkirche als Gegenpol zur Kuppel der Frauenkirche eindrücklich und deutlich erkennbar bis heute die Bedeutung Dresdens als barocke Residenz von europäischem Rang. Tobias Michael Wolf

Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do 1 2 3 4 5 6 7 8 91011121314151617181920212223242526272829 Februar Unbekannter Zeichner im kursächsischen Oberbauamt · Dresden, Mingotti-Theater (?), Entwurf für ein Bühnenportal, Ansicht von Bühne und Proszenium mit zwei Künstlern · um 1740/50

schrieben in Dresden berühmte und hochgeschätzte Kapellmeister, Sänger, Instrumentalisten, Kastraten und Schauspieler Musikgeschichte. Ob die auf der Vorderseite abgebildete Zeichnung eine Entwurfsvariante für die Bühne des Mingotti-Theaters ist, kann allerdings nicht eindeutig nachgewiesen werden. Im Dresdner Schloss und im Bereich von Zwinger und Theaterplatz hat sich seit mehr als einem halben Jahrtausend europäisch bedeutende Musikgeschichte ereignet. Die älteste Stätte der Hofmusik war gewiss die Kapelle im ersten Obergeschoss des Westflügels des um 1470 neu erbauten spätgotischen Schlosses. Lange bevor Gottfried Semper auf das Baugeschehen der Stadt Dresden seinen Einfluss ausübte, war bereits der Theaterplatz mit der Dresdner Musikgeschichte durch seine Bauten auf einzigartige Weise verbunden. Das Komödienhaus am Taschenberg, als erster fester autonomer Bau von Wolf Caspar von Klengel errichtet (1664 bis 1667), das kleine Komödienhaus an der Zwingerpromenade (1697 bis 1709), Pöppelmanns großes Opernhaus am Zwinger, das er 1719 gemeinsam mit dem italienischen Architekten Alessandro Mauro (tätig um 1694 bis 1736) erbaute und das in den Revolutionstagen im Mai 1849 abbrannte, und schließlich die beiden Theater der italienischen Operngesellschaften Mingotti (1746 bis 1748) und Moretti (1755 bis 1841), letzteres als Geburtsstätte der deutschen Oper und Wirkungsstätte Carl Maria von Webers bekannt, widerspiegeln den »Genius loci« in seiner funktionalen Bestimmtheit. Es scheint, als hätte dieser Bereich zwischen Zwinger und Elbe auf die Bauherren und ihre Architekten einen unwiderstehlichen Zwang ausgeübt, immer wieder am gleichen Platz die Stätten der Musik- und Theaterkunst zu errichten. Auch Gottfried Semper stand im Bann des historisch determinierten Ortes, als er 1835 die Pläne für sein erstes Hoftheater entwarf und nach 1869 den Standort für den Neubau des zweiten Hoftheaters bestimmte. Anita Niederlag Im Jahre 1746 erhielt eine Gesellschaft italienischer Opernsänger unter der Leitung des Venezianers Pietro Mingotti (um 1702–1759) die königliche Konzession, im Zwingerhof ein kleines hölzernes Logentheater zu errichten und zunächst während der Monate Juli und August darin zu spielen. Mingotti war der Intendant einer künstlerisch bedeutenden italienischen Operngesellschaft, die durch die deutschen Lande und die angrenzenden Länder zog, um in großen Städten gegen Eintrittsgeld einfachen Bürgern oder fürstlichen Hofgesellschaften Opern darzubieten. Bis dahin waren Opern als Hoffestlichkeiten betrachtet worden, zu denen das Publikum gewissermaßen als Gast eingeladen wurde. Das Theater befand sich ungefähr in der Mitte des heutigen Zwingerhofes. Es war etwa 39 m lang, 18 m breit und besaß drei Ränge. Zeichnungen dieses Gebäudes sind kaum überliefert, dafür aber viele Berichte über das Geschehen im Theater. Der Bau fasste nur 350 Personen und entsprach damit nach heutigem Begriff mehr einem Kammerspieltheater, in dem auserlesene Gesangskräfte und hervorragende Orchestermitglieder ihre Künste darboten. Seinen Ruf verdankt es auch dem Wirken der an vielen Höfen geschätzten, italienischen Sopranistin Caterina Regina Mingotti (1728–1807). Am 7. Juli 1746 erfolgte die Eröffnungsvorstellung in Anwesenheit des Königs mit der Oper »Argenide« unter der Leitung des Kapellmeisters und Komponisten Paolo Scalabrini – ein in der Theatergeschichte Dresdens denkwürdiges Ereignis. Lange bestand das kleine Theater nicht, es brannte nach einer Abendvorstellung am 29. Januar 1748 ab. Viele der in der Plansammlung befindlichen repräsentativen Zeichnungen dokumentieren unter anderem, dass der Theaterbau hervorragend dafür geeignet war, Architektur, Plastik und Malerei zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen zu lassen. Dieses prachtvolle Ensemble bildender Künste schuf wiederum eine Bühne für die Musik und die darstellenden Künste. Auf ihr Catharina Regina Mingotti, um 1750, Pastell von Anton Raphael Mengs (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister) Dresden, Mingotti-Theater im Zwinger, Lageplan, um 1746, unbekannter Zeichner im kursächsischen Oberbauamt (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 10. III. Bl. 6) Unbekannter Zeichner im kursächsischen Oberbauamt Dresden, Mingotti-Theater (?), Entwurf für ein Bühnenportal, Ansicht von Bühne und Proszenium mit zwei Künstlern, um 1740/50 Grafit, Feder, Pinsel, Tusche, laviert in Grau und Rot; 46 × 60 cm Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 58. I. Bl. 67 (Ausschnitt)

März Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So 12345678910111213141516171819202122232425262728293031 Matthäus Daniel Pöppelmann Dresden, Entwurf für eine »Ehrenpforte am Schwarzen Gang« als ephemeres äußeres Hofportal des Residenzschlosses · um 1718/19 Dresden, Zwingerhof · Perspektivischer Präsentationsentwurf zu dessen Vollendung als Festplatz mitsamt Redouten- und Opernhaus · 1718

Im Februar 1710 wurde Matthäus Daniel Pöppelmann (1662– 1736), zur führenden Riege der Dresdner Hofbaumeister Augusts des Starken (1670–1733) zählend, auf dessen allerhöchsten Befehl hin nach Rom gesandt, um die dort gepflegte »katholische« Bauart zu erlernen. August der Starke, der 1706 aus Polen vertrieben worden war, wo er seit 1697 als König regiert hatte, suchte nämlich um diese Zeit die Nähe zum Papst, um einen zugkräftigen Verbündeten bei der beabsichtigten Rückeroberung seines Königsthrones zu haben. Daher sollten seine Dresdner Repräsentationsbauten von nun an im römischen Barockstil errichtet werden und dadurch nicht nur jenes Bündnis, sondern auch die katholisch-sakral konnotierte polnische Königswürde zum Ausdruck bringen. Pöppelmann blieb mehrere Wochen in der Ewigen Stadt, wo ihm eine Audienz bei Clemens XI. Albani (1649–1721) gewährt wurde und wo er mit Carlo Fontana (1638–1714), dem päpstlichen Hauptarchitekten, zusammentraf. Das kurze, aber offensichtlich intensive Fortbildungsstudium in dessen Atelier sollte sich aufgrund der dabei erfahrenen Prägungen nachhaltig auf das weitere Schaffen des Dresdner Hofbaumeisters auswirken. Die beiden auf der Vorderseite präsentierten Entwürfe Pöppelmanns basieren auf seinen in Rom gemachten Erfahrungen. Zudem sind beide anlässlich der Planungen entstanden, welche die Dresdner Residenz Augusts des Starken für die im Jahr 1719 anstehende Hochzeit des Kurprinzen mit der Kaisertochter Maria Josepha ertüchtigen sollten. Der Entwurf für einen doppelstöckigen Torbau basiert auf dem klassischen römisch-antiken Triumphbogen mit drei Öffnungen und Prostasensäulen, wie einen solchen in Rom zum Beispiel der Septimius-Severus-Bogen am Forum Romanum verkörpert. Mit der Erhöhung um ein weiteres Geschoss steht Pöppelmanns Torbau in der Tradition der in der Barockzeit üblichen ephemeren Ehrenpforten, die bei feierlichen Einzügen gebräuchlich waren – dementsprechend die zeitgenössische Beschriftung »Ehrenpforte am Schwarzen Gang«. Die beigegebene Verortung meint den zum Schutz der Soldaten gedeckten Laufgang, der entlang der Wallkrone verlief. Links geschnitten ist der sogenannte Lange Gang des Stallhofs. Der Entwurf trägt den Approbationsvermerk Augusts des Starken, und das Tor wurde auch tatsächlich errichtet; es bestand zumindest ein Jahrzehnt lang. Funktional betrachtet, inszenierte der zwischen Georgenbau und einstigem Münzhof eingepasste Torbau die Zufahrt zum Schlossareal und führte in einen Vorhof, von dem aus sich der Große Schlosshof durch das sogenannte Grüne Tor erreichen ließ – schließlich waren zwei Höfe in Folge damals Standard bei Residenzschlössern. Da historische Ansichten fehlen, bleibt unklar, ob das Tor in Gestalt des ursprünglichen Entwurfs oder mit dem in Graphit einskizzierten niedrigeren Obergeschoss ausgeführt war. Der perspektivisch in Vogelschau präsentierte Entwurf betrifft die im Frühjahr 1718 durch August den Starken befohlene Vollendung des Zwingers durch stadtseitiges Spiegeln der Orangerie am Wall, ergänzt um ein Opern- und ein Redoutenhaus zuseiten des Stadtpavillons. Das Vorbild für die in zwei Exedren ausbauchende Hofform lieferte Carlo Fontanas Rekonstruktion des als »Equiria« bezeichneten Reiterstadions auf dem antiken Marsfeld, sollte der Zwingerhof doch nun als Fest- und Turnierplatz dienen. August der Starke, welcher die Umplanung des Zwingers konzipiert hatte, besaß bereits die 1694er Erstauflage des jene Rekonstruktion enthaltenden Traktats, und Pöppelmann hatte in Rom die 1708er Zweitauflage vom Autor als Geschenk erhalten. Die seinerzeit noch offene Nordseite hatte Pöppelmann in Graphit einskizziert, älteren Planungen folgend als eine Wiederholung der grabenseitigen Langgalerien samt Kronentor. Als Zeit- und Geldnöte diesen Plan zerplatzen ließen, kam man auf die pragmatische Idee, die Lücke mit einer Zuschauertribüne zu schließen. Ein aufgeklebtes Deckblatt zeigt diese Alternativlösung. Peter Heinrich Jahn Matthäus Daniel Pöppelmann (Herford 1622–1736 Dresden) Dresden, Entwurf für eine »Ehrenpforte am Schwarzen Gang« als ephemeres äußeres Hofportal des Residenzschlosses, um 1718/19 Beschriftet: Ehrenpforte am Schwarzen Gang, Grafit, Feder, Pinsel, Tusche, laviert in Grau; 41,4 × 59,8 cm Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M VI. Bl. 10 Dresden, Zwinger, Perspektivischer Präsentationsentwurf zu dessen Vollendung als Festplatz mitsamt Redouten- und Opernhaus, 1718 Feder, Pinsel, Tusche, laviert in Grau, Rot und Grün; 40,5 × 66,5 cm Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 10. III. Bl. 1 Rom, Arco di Settimio Severo/Septimius-Severus-Bogen, 1759, Kupferstich/Radierung von Giovanni Battista Piranesi (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Bibliothek) Rom, Rekonstruktion des antiken Marsfeldes, 1694 und 1708, Kupferstich von Alessandro Specchi nach einer Vorzeichnung von Carlo Fontana (aus: ders., »Discorso sopra l’antico Monte Citatorio Situato nel Campo Marzio«, Roma 1694 und 1708) Dresden, Zwinger, Ausschnitt aus dem Perspektiventwurf mit skizzierten Langgalerien und zweitem Kronentor unter der Tektur, Matthäus Daniel Pöppelmann (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 10. III. Bl. 1)

1 2 3 4 5 6 7 8 9101112131415161718192021222324252627282930 Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di April Julius Heinrich Schwarze · Rom, Ss. Trinità dei Monti, perspektivische Teilansicht des Hochaltars · um 1733/35

Julius Heinrich Schwarze (1706–1775) war neben Johann Christoph Knöffel (1686–1752) zweifellos der künstlerisch bedeutendste Dresdner Architekt in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Anfang 1729 wurde er als Oberbauamtskondukteur angenommen und zog bald die Aufmerksamkeit Augusts des Starken auf sich. Dieser gewährte ihm eine achtmonatige Bildungsreise, die Schwarze im April 1733, wenige Wochen nach dem Tod des Königs, antrat. Seine Rückkehr erfolgte erst über vier Jahre später im Herbst 1737. Seine Reise führte Schwarze zunächst nach Rom, nach seinen eigenen Worten die »wahrhaffte hohe Schule derer Baumeister«, wo er sich mindestens zwei Jahre aufhielt. Mit dem Pontifikat Clemens’ XII. Corsinis (1652–1740) hatte eine neue Blüte des päpstlichen Bauwesens begonnen, die europaweit mit Interesse verfolgt wurde. Schwarze beschäftigte sich nicht nur mit den Gebäuden und aktuellen Bauvorhaben in der Ewigen Stadt; er studierte auch intensiv die an der päpstlichen Kunstakademie Accademia di San Luca angefertigten Architekturentwürfe (siehe Kalenderblatt August). Das vorliegende unsignierte, aufgrund seiner Zeichenweise jedoch zweifellos von Schwarze stammende Blatt zeigt den heute nur in stark vereinfachter Gestalt erhaltenen Hochaltar der Paulanerkirche Ss. Trinità dei Monti am oberen Abschluss der Spanischen Treppe. Er war 1675 nach dem Entwurf des Franzosen Jean Champaigne, der auch als Mitarbeiter Gian Lorenzo Berninis (1598–1680) tätig war, errichtet worden und muss zu den originellsten römischen Altaraufbauten des Spätbarock gerechnet werden; auch der kaiserliche Hofarchitekt Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) nahm in mehreren seiner eigenen Entwürfe auf ihn Bezug. Ansicht und Grundriss wurden 1721 im dritten Teil von Domenico de Rossis Kupferstichwerk »Studio d’architettura civile« veröffentlicht. Schwarzes Darstellung beschränkt sich auf die Wiedergabe der nördlichen Hälfte des symmetrischen Aufbaus. Den Skulpturenschmuck der Südseite sowie eine Detailaufnahme einer Flammenvase hielt Schwarze links neben der Hauptdarstellung fest. Die Aufmerksamkeit des Architekten galt offenbar dem reizvollen Wechsel konkaver und konvexer Flächen und Volumina einerseits, dem opulenten Skulpturenschmuck mit der zentralen Darstellung der Dreifaltigkeit und der bekrönenden Gruppe um das von Engeln und Putti getragene und verehrte Kreuz andererseits. Niedrige Trennwände mit Durchgängen zum dahinterliegenden Mönchschor vermitteln zu den seitlich abschließenden hohen Postamenten mit den Statuen des heiligen Ludwig von Frankreich (1214–1270), in der Hand die von ihm im Heiligen Land erworbene Dornenkrone Christi, und des Ordensgründers Franz von Paola (1416–1507) gegenüber. Bei der wohl vor Ort entstandenen virtuosen Skizze handelt es sich um ein beeindruckendes Zeugnis der hohen zeichnerischen Fähigkeiten Schwarzes. Knapp 20 Jahre später wurde das private Studienblatt wohl für die Planung des Hochaltars der neuen Dresdner Hofkirche herangezogen: Ein nicht verwirklichter Entwurf sieht die Ausbildung des Tabernakels als gut fünf Meter hohes, wohl als Silber- oder Goldschmiedearbeit vorzustellendes Ziborium vor, unverkennbar eine um einen Baldachin ergänzte verkleinerte Fassung des römischen Altars. Tobias Knobelsdorf Julius Heinrich Schwarze (Dresden 1706–1775 Dresden) Rom, Ss. Trinità dei Monti, Perspektivische Teilansicht des Hochaltars, um 1733/35 Feder, Pinsel und Tusche, laviert in Grau; 42,7× 54,8 cm Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 51. I. Bl. 3 (Ausschnitt) Dresden, Katholische Hofkirche, Entwurf für die Hochaltarachse, um 1751, unbekannter Zeichner (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 2. IIIa. Bl. 6, Ausschnitt) Rom, Ss. Trinità dei Monti, Hochaltar, Ansicht und Grundriss, Kupferstich von Domenico de Rossi, 1721 Rom, Ss. Trinità dei Monti, perspektivische Teilansicht des Hochaltars, um 1733/35, Julius Heinrich Schwarze (Gesamtansicht)

Mai Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr 12345678910111213141516171819202122232425262728293031 Stefano Torelli · Dresden, Katholische Hofkirche, Sakramentskapelle, Anbetung des Kelches · 1753/55

Dresden, Katholische Hofkirche, rekonstruierte Kuppelmalerei der Sakramentskapelle von Gerhard Keil, 1984 Die Sakramentskapelle der Katholischen Hofkirche ist die wichtigste der vier Eckkapellen, diente sie doch der Austeilung der Sakramente an die königliche Familie Augusts III. (1696–1763) und dieser nahestehende Personen. Zudem befindet sich die Stiftergruft direkt unter der Kapelle, somit im Bannkreis der Sakramente. Während das Altarbild mit der Darstellung der »Einsetzung der Eucharistie« 1752 vom ehemaligen Oberhofmaler Louis de Silvestre (1675–1760) in Paris gemalt und nach Dresden geliefert wurde (1945 verloren, 1984 von Gerhard Keil nachgeschaffen), bekam Stefano Torelli (1704–1784) den Auftrag für die Ausmalung des Deckengewölbes mit der »Anbetung der eucharistischen Gestalten Brot und Wein durch Engel«, die er 1752/55 in der damals üblichen Seccotechnik, also auf getrocknetem Putz, ausführte. Auch diese Malerei ging 1945 fast vollständig zugrunde und wurde 1984 nach den vorliegenden Farbaufnahmen rekonstruiert. Die sich aus dem gestreckt-hexagonalen Kapellengrundriss ergebende ovale Innenkuppel ist durch gemalte grüne Lorbeerbänder in sechs nahezu dreieckige Felder gegliedert und zeigt den Blick in einen illusionistischen Wolkenhimmel. Hier halten in den drei zentralen Feldern über dem Altar mit dem Tabernakel zwei Putten den goldenen Messkelch, aus dem die taghell strahlende Hostie hervorleuchtet. Diese erhellt den ganzen Bildraum, in dem Engel in verschiedenen Gruppen schwebend oder auf Wolken ruhend, gebannt auf das erscheinende Licht blicken und in Erstaunen und Anbetung begriffen sind (vgl. Correggios »Heilige Nacht«, Kalenderblatt Dezember). Das Foto zeigt die Malerei von Torelli recht vergilbt, so dass man sich den Farbklang im Original insgesamt kühler vorstellen muss. Der aus einer Bologneser Malerfamilie hervorgegangene Künstler hatte sich bereits 1739 im Jahre der Grundsteinlegung der Kirche nach Dresden begeben, nachdem er in Rom in Kontakt mit dem sich dort auf seiner Grand Tour aufhaltenden sächsischen Kurprinzen Friedrich Christian (1722–1763) gekommen war, der dem Maler das Reisegeld nach Dresden bezahlte. Indessen war der Bau bei seiner Ankunft in Dresden noch im Anfangsstadium begriffen, sodass er erst andere Aufträge ausführte, wie das fortlaufende Abzeichnen der jeweils von Lorenzo Mattielli (1687– 1748) fertiggestellten, überlebensgroßen Heiligenfiguren aus Sandstein für die Kirche – Zeichnungen, die von Lorenzo Zucchi (1704–1779) in Kupferstiche umgesetzt wurden. Sowohl die Kurprinzessin Maria Antonia (1724–1780) als auch Heinrich Graf von Brühl (1700–1763) betrauten ihn ebenfalls mit wichtigen Aufträgen. Thomas Liebsch Dresden, Katholische Hofkirche, Evangelist Matthäus, Kupferstich/Radierung von Lorenzo Zucchi nach Vorzeichnung von Stefano Torelli nach der Statue von Lorenzo Mattielli, 1740 (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett) Stefano Torelli (Bologna 1704–1784 St. Petersburg) Dresden, Katholische Hofkirche, Sakramentskapelle, Anbetung des Kelches, 1753/55 Seccomalerei, 1945 zerstört Fotografie von Rolf-Werner Nehrdich, 1943/45

1 2 3 4 5 6 7 8 9101112131415161718192021222324252627282930 Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Juni Francisco LaVega · Entwürfe für ein Weihwasser- und ein Weinkännchen sowie ein Weihrauchschiffchen · nach 1733

In der Goldschmiedekunst ist wie in der Architektur der zeichnerische Entwurf eine unentbehrliche Voraussetzung für die Realisierung eines Werks. Mit der Zeichnung lassen sich Gestaltungs- und Bildideen klären, gleichzeitig dient sie als Kommunikationsmedium zwischen Künstler und Auftraggeber. In der Frühen Neuzeit waren Zeichnungen und Modelle oftmals Bestandteile des Vertrags, auf dessen Grundlage die Herstellung eines Auftragswerks erfolgte. Zudem entstanden Musterblätter, die unter Händlern und potentiellen Interessenten kursierten. Ein unpubliziertes Konvolut von elf Blättern in der Plansammlung des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen bietet einen Einblick in den Entwurfsprozess sakraler Goldschmiedearbeiten des mittleren 18. Jahrhunderts und den internationalen Ideen- und Formenaustausch zwischen Rom, Lissabon und Dresden. Sieben Blätter mit Entwürfen für Kelche, Weihwasserkännchen, Weihrauchschiffchen und eine Handglocke sind bezeichnet als in Rom für den König von Portugal geschaffene Inventionen. Als Autor signierte Fra(ncis)co LaVega, ein spanischer Maler und Zeichner, der seit 1733 in Rom wirkte. Mit dem portugiesischen König ist Johann V. (1689–1750) gemeint, der aus Lissabon ein neues Rom schaffen wollte, von dort Kunstwerke bezog und Künstler in seine Dienste berief, darunter auch Goldschmiede. Dass die virtuosen »vasa sacra« auf den Dresdner Blättern jemals ausgeführt waren, kann nicht belegt werden. Jedenfalls sind die mit sicherer Hand gezeichneten Gefäße in den typisch kraftvollen und reichen Formen des römischen Spätbarock gehalten. Ein Weinkännchen weist ein Medaillon mit Darstellung von Josuah und Kaleb mit der Weintraube auf, der Deckel eines der Weihrauchschiffchen ist von einer Allegorie des Glaubens besetzt. Ein Kelch zeigt ein alttestamentliches, ein zweiter ein neutestamentliches Programm. Für beide sind zudem Grundrisszeichnungen mit genauen Maßangaben vorhanden. Sie repräsentieren mit ihren Sockelfiguren und Bildmedaillons für Rom im mittleren 18. Jahrhundert typische Formen. Es ist möglich, dass die Blätter über familiäre Verbindungen zwischen den Herrscherfamilien in Portugal und Sachsen nach Dresden gelangten – Johann V. war über seine Mutter ein Urenkel des sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. (1585–1656) und seine Frau Maria Anna von Österreich (1683–1754) eine Tante der Kurfürstin-Königin Maria Josepha (1699–1757). Da deren Gatte August III. (1696–1763) mit dem Bau der katholischen Hofkirche ab 1738 ähnliche auf Rom bezogene Ambitionen verfolgte, wie dies zuvor für den portugiesischen König galt, erscheint eine entsprechende Bezugnahme plausibel. Zudem hatten auch Gaetano Chiaveri (1689–1770) und seine italienischen Zeitgenossen Verbindungen nach Portugal. Francisco LaVega (Écija 1712–1789 Rom) Entwürfe für ein Weihwasser- und ein Weinkännchen sowie ein Weihrauchschiffchen, nach 1733 Beschriftet: Fr co Lavega inv r e delinia Romae / Pe.r Sua Maesta portugallo / No. 1), Weyh Waßer Geräthe. Feder, Pinsel und Tusche, laviert in Grau, auf Leinwand gezogen; 47× 30,4 cm Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 59. II. Bl. 6 Man darf annehmen, dass die Zeichnungen in einem Zusammenhang mit dem Hofkirchenbau standen und als Vorlagen für vorgesehene liturgische Geräte beschafft wurden. In Dresden hat man sie mit weiteren Entwürfen für »vasa sacra« aus Rom vereint: einem Blatt mit einer skizzierten Strahlenkranzmonstranz sowie drei Zeichnungen von Kandelabern in streng klassischen Formen. Der eine davon weist am Sockel sowohl plastisch als auch in Schildform die heraldischen Symbole der Familie Albani auf. Zwar kann kein Werk im Schatz der katholischen Hofkirche und heutigen Kathedrale Ss. Trinitatis mit den vorhandenen Zeichnungen in direkte Verbindung gebracht werden. Sie lenken jedoch den Blick auf die in Augsburg ausgeführte Silbergarnitur für den Hochaltar: Wie formale und motivische Vergleiche verdeutlichen, lagen dem Hochaltarschatz von Georg Ignaz Baur (1727–1790) von 1752–1756 offensichtlich (nicht erhaltene) Entwürfe zugrunde, nach denen zuvor für den portugiesischen König ähnliche Silbergarnituren von römischen Goldschmieden für Lissabon geschaffen worden waren. Das heutige Dresdner Zeichnungskonvolut könnte somit den Rest eines einst umfangreicheren Vorlagenbestands darstellen. Marius Winzeler Dresden, Katholische Hofkirche, silberner Hochaltarschatz, 1752–1756, Georg Ignaz Baur, Augsburg, wohl nach Entwurfszeichnungen römischer Herkunft Entwurf für eine Monstranz, nach 1733, Francisco LaVega (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 59. II. Bl. 44) Entwurf für einen Messkelch, verziert mit Moses sowie Personifikationen der Caritas und Fede, nach 1733, Francisco LaVega (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 59. II. Bl. 12)

Juli Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi 12345678910111213141516171819202122232425262728293031 Pietro Balestra · Dresden, Großer Garten, »Die Zeit raubt die Schönheit« · 1686/89

Dresden, Großer Garten, »Die Zeit raubt die Schönheit«, Einbausituation 1997 Aus weißem Carrara-Marmor schuf Pietro Balestra (1672– 1729), Schüler Gian Lorenzo Berninis (1598–1680), zwischen 1686 und 1689 die beeindruckende Skulptur »Die Zeit raubt die Schönheit«. Der sowohl gestalterisch als auch statisch imponierend pointierten Komposition und ihrer Ausführung in Stein ist noch heute mit Ehrfurcht zu begegnen. Festgehalten ist der Moment, in dem die »Zeit« in Gestalt des Chronos die sich vergeblich windende und zu entkommen suchende weibliche Figur der »Schönheit« ergreift und mit sich führt. Kraftvoll graben sich die starken Arme und Hände des Chronos in die Haut der »Schönheit« ein. Der erbarmungslose Raub wird von der am Boden sitzenden Figur des Amor mit erlöschender Fackel beweint. Kurfürst Friedrich August II. (1670–1733), genannt August der Starke, war gegen Ende seines Lebens ein großer Bewunderer erstklassiger Marmorbildwerke und ließ durch den Generalinspekteur der königlichen Sammlungen Raymond Leplat (1664– 1742) diverse marmorne Skulpturen ankaufen. So gelangte die im Auftrag Christinas von Schweden (1626–1689) geschaffene Skulptur nach einer Versteigerung in der Zeitspanne von 1723 bis 1726 aus Italien nach Dresden, wo sie vor dem Palais im Großen Garten aufgestellt wurde. Kam es infolge des Siebenjährigen Krieges sowie des Zweiten Weltkrieges »nur« zu Verlusten von Extremitäten, so hat sich das raue Klima nördlich der Alpen als eigentliche Herausforderung für das Kunstwerk erwiesen. Die nahezu 300-jährige Standzeit hat die einst ausdrucksstarke Figurengruppe beträchtlich an Schärfe, Detaillierung und Standfestigkeit verlieren lassen. Bemerkenswert ist besonders der rapide Verfall innerhalb der letzten einhundert Jahre. Fotoaufnahmen aus der Zeit um 1900 lassen fein ausgearbeitete Haarpartien und Gesichtsfalten erkennen; heute ist die Oberfläche durch Witterungseinflüsse, möglicherweise auch durch aggressive, aber nicht dokumentierte Reinigungen stark erodiert und erscheint fast wie verschleiert. In den 1970er Jahren war der Zustand der Skulptur so bedenklich, dass 1980 der Abbau entschieden wurde. Erst eine Acrylharzvolltränkung 1992 ermöglichte für weitere 20 Jahre die Wiederaufstellung am originalen Standort. Im Jahr 2013 brach jedoch einer der bereits vormals angesetzten Flügel des Chronos ab; neuerliche Untersuchungen zeigten, dass die Standsicherheit der Skulptur aufgrund von Rissen, Fehlstellen, Rückwitterungen und der Beeinträchtigung der Ponderation durch Teilabbrüche stark gefährdet war. In der Folge wurde die Figurengruppe durch Einrüstung und Einhausung gesichert. Seit 2018 wird an einer Kopie der Skulptur gearbeitet, die wie das Original in Carrara-Marmor ausgeführt wird. Ihre Vollendung ist für 2025 geplant. Sie wird dann den Platz des Originals einnehmen, welches in der Folge eine umfassende Konservierung erfahren und anschließend sicher im Depot eingelagert werden wird. Julia Maitschke Dresden, Großer Garten, »Die Zeit raubt die Schönheit«, derzeitige Sicherungsaufhängung, 2018 Dresden, Großer Garten, »Die Zeit raubt die Schönheit«, Kopierarbeiten seit 2018, durch den Bildhauer Andreas Klein, nach dem durch Dr. Stefan Dürre überarbeiteten Abguss, 2020 Pietro Balestra (Siena 1672–1729 Siena) »Die Zeit raubt die Schönheit«, 1686/89 Weißer Marmor, Höhe: 280 cm Dresden, Großer Garten Dummy, bitte liefern

Julius Heinrich Schwarze · Ansicht einer Kuppelkirche mit zwei Flankentürmen (Kopie des »dono accademico« Filippo Juvarras von 1707) · 1733/35 August Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa 12345678910111213141516171819202122232425262728293031

Entwurf für eine protestantische Kuppelkirche mit zwei Glockentürmen, perspektivische Ansicht der Eingangsseite, 1741, Julius Heinrich Schwarze (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 51. I. Bl. 25) Die im 16. Jahrhundert gegründete römische »Accademia di San Luca« war als »Prototyp« aller späteren europäischen Kunstakademien nicht nur Ort der Ausbildung von Malern, Bildhauern und Architekten; sie war auch ein Zentrum des theoretischen Diskurses. Besondere Beachtung fanden insbesondere die in unregelmäßigen Abständen unter den Studenten ausgelobten Wettbewerbe, seit dem Pontifikat von Papst Clemens XI. Albani (1649–1721) als »Concorsi Clementini« bezeichnet. Hatten diese Wettbewerbe auf dem Gebiet der Architektur in früherer Zeit meist Idealplanungen zu städtebaulichen Fragen oder Memorialbauten zum Gegenstand, so dienten sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts in steigendem Maße der Ideenfindung für bevorstehende päpstliche Bauvorhaben. Die Wettbewerbssieger konnten damit rechnen, Mitglied der Akademie zu werden. Ihre in diesem Fall angefertigten Aufnahmestücke (»doni accademici«) werden ebenso bis heute im Archiv der Institution aufbewahrt wie die eingereichten Beiträge der »Concorsi Clementini«. Es verwundert darum nicht, dass auch der Dresdner Oberbauamtskondukteur Julius Heinrich Schwarze (1706–1775) während seines von 1733 bis mindestens 1735 andauernden Romaufenthalts (siehe Kalenderblatt April) ausgiebige Studien im Archiv der »Accademia« unternahm. Von seiner Hand haben sich mehrere Kopien von Entwürfen zu Kuppelkirchen erhalten, einerseits Beiträge zu den »Concorsi Clementini«, andererseits die Aufnahmestücke zweier neuer Akademiemitglieder: ein »Tempio di Mosè« von Bernardo Antonio Vittone (um 1705–1770) von 1733 und das hier gezeigte Blatt, der berühmte Entwurf zu einer von zwei Türmen flankierten Kuppelkirche von Filippo Juvarra (1678–1736) aus dem Jahr 1707. Der Turiner Hofarchitekt galt um 1730 als einer der berühmtesten Baumeister Europas und hatte sich 1732 auch in Dresden um die Übernahme von Entwurfsaufträgen beworben. Von dem gezeigten Projekt existieren weitere Varianten und Kopien in Berlin, Stockholm und Kopenhagen. Die Übereinstimmungen mit dem »Urbild« sowie die rückwärtige Beschriftung »in Rohm gezeichnet« erweisen jedoch, dass Schwarze tatsächlich das römische Blatt vor Augen hatte. Er kopierte dieses allerdings nicht sklavisch, sondern widmete der Ansicht und dem vervollständigten Grundriss jeweils ein separates Blatt. Auch der Statuenschmuck erscheint gegenüber der Vorlage abgewandelt; zudem sind Juvarras Balustraden durch geschlossene Attiken ersetzt. Das Thema der Kuppelkirche mit begleitenden Türmen beschäftigte Schwarze auch nach seiner Rückkehr über lange Jahre hinweg intensiv. Mehrere Projekte von seiner Hand zeigen sein Bemühen um eine Verschmelzung der römischen und der späteren französischen Reiseeindrücke. Sie gipfeln in einem monumentalen, in sieben großformatigen Blättern ausgearbeiteten Projekt zu einer protestantischen Kuppelkirche mit zwei Türmen von 1741. Es entstand wohl in Reaktion auf Gaetano Chiaveris (1689–1770) im selben Jahr im Kupferstich (siehe Kalenderblatt Januar) publizierten, in der Nachfolge Francesco Borrominis (1599–1667) stehenden Entwurf zum Neubau der Dresdner Hofkirche, der in den Augen der französischen Architekturtheorie mit zahlreichen Fehlern behaftet, kurzum »geschmacklos« erschien. Mit dem Rückgriff auf den römischen Barockklassizismus Berninischer und Fontanascher Prägung demonstrierte Schwarze dagegen sein »korrektes« Verständnis der »wahren« römischen Baukunst. Tobias Knobelsdorf Ansicht und Grundriss einer Kuppelkirche mit zwei Flankentürmen (»dono accademico« zur Aufnahme in die Accademia di San Luca), 1707, Filippo Juvarra (Rom, Accademia Nazionale di San Luca, Archivio Storico, disegni, no. 2150) Julius Heinrich Schwarze (Dresden 1706–1775 Dresden) Ansicht einer Kuppelkirche mit zwei Flankentürmen (Kopie des »dono accademico« Filippo Juvarras von 1707), 1733/35 Beschriftet: in Rohm gezeichnet (rückseitig) Feder, Pinsel und Tusche, laviert in Grau; 70,9 × 72,7 cm Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 51. I. Bl. 16 Grundriss einer Kuppelkirche mit zwei Flankentürmen (Kopie des »dono accademico« Filippo Juvarras von 1707), 1733/35, Julius Heinrich Schwarze (Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 51. I. Bl. 2)

1 2 3 4 5 6 7 8 9101112131415161718192021222324252627282930 So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo September Giovanni Antonio Pellegrini · Dresden, Zwinger, Entwurfsskizze für die Wand- und Deckengestaltung im Deutschen Pavillon · 1724/25

Dresden, Zwinger, Entwurfsskizze für das Deckenfresko des Deutschen Pavillons, Bozzetto/Ölskizze von Giovanni Antonio Pellegrini (Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corbaud) Und hernach kam sogar der berühmte Pellegrini hin, der an diesem Ort so meisterhafte Sachen gemalt hat, dass sie noch heutigen Tages bei allen Kennern Bewunderung, und allein verdienen, Dresden zu sehen [...]«. Mit diesen Worten rühmte Carl Heinrich von Heineken (1707–1791), Kunstgelehrter, Direktor des königlichen Kupferstichkabinetts und Sekretär des Premierministers Heinrich Graf von Brühl (1700–1763), die Deckenmalereien Giovanni Antonio Pellegrinis (1675–1741) für den Dresdner Zwinger. Heinekens Worte bringen die Bewunderung für einen heute weitgehend unbekannten Künstler zum Ausdruck, der europaweit äußerst gefragt war und als wichtigster Wegbereiter der international erfolgreichen, venezianischen Rokokomalerei gelten kann. Giovanni Antonio Pellegrini wurde in seinem Stil durch italienische Meister wie Paolo Veronese oder Luca Giordano geprägt und war interessanterweise mit Angela Carriera verheiratet, Schwester der berühmten Pastellmalerin Rosalba Carriera (1675–1757). Pellegrini verbrachte den Großteil seines Lebens auf Reisen, mit Stationen in England, am Düsseldorfer Hof, in den Niederlanden oder Paris, und hielt sich nachweislich im Januar 1725 in Dresden auf. In dieser Zeit erhielt er den Auftrag, die beiden östlichen Eckpavillons des Zwingers mit Deckenfresken auszuschmücken, die jedoch beide durch Brände im Laufe des Dresdner Mai-Aufstandes 1849 zerstört worden sind und deren Form und Inhalt nur in wenigen Zeugnissen überliefert ist. Von Bedeutung für den Deutschen Pavillon sind vor allem eine Skizze in Öl, eine Zeichnung und eine Nachzeichnung: Während die Ölskizze die beabsichtigte Gesamtwirkung der Komposition in ihrer Schwerpunktsetzung verdeutlicht, hilft eine Nachzeichnung des 18. Jahrhunderts bei der Identifizierung des ikonographischen Programms. In ihrer detaillierten, künstlerisch jedoch unbewegt und steif wirkenden Manier lässt sie die traditionell vier allegorischen Erdteile (Europa, Asien, Afrika und Amerika) am Bildrand sowie im Himmelsfeld platzierte Personifikationen der Zeit, des Großmuts und des Ruhmes erkennen, sodass als Motiv die Auswirkung der guten Regentschaft Augusts des Starken (1670–1733) auf die Welt bestimmt werden kann. Dem Blatt in der Plansammlung kommt hingegen der größte künstlerische Wert zu, belegt es doch die bemerkenswerte zeichnerische Meisterschaft Pellegrinis und weist eine spannungsvolle gestalterische Vielfalt auf. In die exakt gezeichnete Wandarchitektur der Arkadenfelder, die von einem Vorzeichner stammen dürfte, hat Pellegrini in leichter Federführung und Schattierung illusionistisch intendierte Nischenfiguren mythologischer Natur gesetzt, unter denen Hermes, Flora, Apoll und Herkules zu finden sind. Pellegrini steigerte die zeichnerische Freiheit und Virtuosität dabei noch weiter für den darüber liegenden Abschnitt der Deckengestaltung, dessen Elemente mehr zu erahnen als zu erkennen sind. Dabei ermöglicht die genannte Nachzeichnung, die Figurengruppe auf der rechten Seite als Allegorie Asiens zu deuten: Wiederzuerkennen sind die wertvolle Stoffe präsentierenden Händler in türkischer Tracht, ebenso der geschwungene Hals eines Kamels am rechten Bildrand. Die Skizze vereint in sich mehrere Stufen der Zeichenkunst: Auf die grundlegende Architekturzeichnung folgen die in ihrer Gestaltung auf eine räumliche Wirkung abzielenden Nischenfiguren, deren Ikonographie gut zu bestimmen ist. Höhepunkt des Entwurfs und Zeugnis der künstlerischen Fähigkeit Pellegrinis ist schließlich die genialisch-freie Zeichenweise der Deckengestaltung, die in ihrer Motiventwicklung und Interpretation bewusst offen bleibt. Jan Eining Dresden, Zwinger, Deckenfresko im Deutschen Pavillon, 18. Jahrhundert, Deutscher Künstler nach Giovanni Antonio Pellegrini, Aufnahme von 1927, Blatt seitdem verschollen Giovanni Antonio Pellegrini (Venedig 1675–1741 Venedig) Dresden, Zwinger, Entwurfsskizze für die Wand- und Deckengestaltung im Deutschen Pavillon, 1724/25 Beschriftet: Mahlerey zum Wänden im Salon am Gebäude so zum Redoutenhaus im zwingergarten angelegt. (rückseitig) Grafit, Feder, Pinsel und Tusche, laviert in Grau und Braun; 43,8 × 93,3 cm Dresden, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Plansammlung, Inv.-Nr. M 10. II. Bl. 1 (Ausschnitt) » Dresden, Zwinger, Entwurfsskizze für die Wand- und Deckengestaltung im Deutschen Pavillon, 1724/25, Giovanni Antonio Pellegrini (Gesamtansicht)

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