22 1933 – 1945 HAFTARBEIT DIREKT IN DEN BAUTZENER GEFÄNGNISSEN Schon die anstaltseigenen Produktionsbereiche wie Schneiderei und Schuhmacherei wurden in die Kriegsproduktion einbezogen. Im März 1944 waren beispielsweise von 41 Schneidern 30 für die Wehrmacht tätig und von 35 Schuhmachern setzten 20 Schuhe fürs Militär instand. Auch die anstaltseigene Tischlerei produzierte fallweise für die Wehrmacht.18 Den Hauptteil der direkt im Gefängnis geleisteten Gefangenenarbeit machten aber Tätigkeiten für Fremdunternehmen aus: Die größte und kriegswichtigste Rüstungsproduktion im Gefängnis fand für das in Heidenau bei Dresden ansässige Unternehmen Elbtalwerk Elektrizitäts Aktien-Gesellschaft, ein Hersteller von Elektromaschinen, statt. Das Elbtalwerk verlagerte die Fertigung von sogenannten Funkumformern, welche für Militärflugzeuge19 benötigt wurden, in das Gefängnis Bautzen I. Ausschlaggebend war, dass keine freien Arbeitskräfte mehr aufzutreiben waren. »Die Aussichtslosigkeit nach den wiederholten Mitteilungen und vielen Hinweisen des Arbeitsamtes, auch nach persönlichen Rücksprachen zwischen Herrn Direktor Schauer und Oberregierungsrat Näbe als Leiter des Arbeitsamtes, auf den baldigen Zugang von Arbeitskräften, entsprechend unsere Anforderungen von rund 300 Männern und Frauen, allein für den hiesigen Betrieb, zwang uns, andere Mittel und Wege zu suchen, um unseren Lieferverpflichtungen seitens des R[eichs].L[uftfahrt]. M[inisteriums]. für den gesteigerten Bedarf von Adlergeräten [...] nachzukommen.«20 Diese rotierenden Elektromaschinen mit dem Tarnnamen »Adler« wandelten die Bordspannung der Flugzeuge in fünf für die Funkgeräte nötige Gleich- und Wechselspannungen um. Dementsprechend aufwendig und kompliziert waren der Aufbau der Geräte und ihre Herstellung. Die Einankerumformer U 10/S., so ihre offizielle Bezeichnung, bestanden im Grunde aus verschiedenen ineinander verschachtelten Elektromaschinen auf einer Welle. Der Großteil der Produktionsräume für den Funkumformer wurde direkt im Gefängnis Bautzen I eingerichtet. Den benötigten Raum konnte man im dortigen Haus 2 schaffen und prognostizierte für die Einrichtung der Produktionsstätte einen finanziellen Aufwand von 300 000 Reichsmark. Rund 200 Häftlinge sollten dann den kompletten Funkumformer herstellen.21 Das Haus 2 verwandelte sich in eine Elektromaschinenfabrik. Im Erdgeschoss gab es eine große und maschinell gut ausgestattete Metallbearbeitungsabteilung mit Schweißerei, Farbspritzkabinen und Prüftischen für die Umformer. Daneben existierten eine Abteilung für Spulenwicklerei und -tränkerei sowie für die Endmontage, ein Dauerlaufraum für Probeläufe der Umformer, eine Meisterstube und ein Büro. Im Hauptzellenbau gab es Vorrichtungen zum Spulenwickeln, Kollektorsägen und Löten.22 Am 1. Februar 1943 begann die Produktion. Bis Ende des Jahres wurden dort schon 180 000 Reichsmark Umsatz erzielt.23 Der Umformer musste, da für die Verwendung in einem Flugzeug vorgesehen, klein und leicht gehalten werden. Das bedingte, dass kleinteilige und exakte Spulenwickel- und Lötarbeiten auszuführen waren. Hierfür sahen die Elbtalwerke den Einsatz von Frauen vor, die für derartige Arbeiten als geeigneter angesehen wurden: »Nach Erörterung der
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