Leseprobe

BAND II HERAUSGEGEBEN VOM SCHLOSSMUSEUM SONDERSHAUSEN, CAROLIN SCHÄFER BEARBEITET VON RALF GIERMANN SANDSTEIN VERLAG

IM SCHLOSSMUSEUM SONDERSHAUSEN

Inhalt BAND I 26 Schloss Sondershausen | Gläser aus dem Nachlassinventar des Grafen Johann Günther I. von Schwarzburg- Sondershausen (1586) und den Nachlassinventaren seiner Söhne (1632, 1638, 1643) — 1. Die Weinkellerei 44 Schloss Sondershausen | Gläser aus dem Nachlassinventar des Grafen Johann Günther I. von Schwarzburg- Sondershausen (1586) und den Nachlassinventaren seiner Söhne (1632, 1638, 1643) — 2. Gläser außerhalb der Weinkellerei 54 Schloss Ebeleben | Gläser aus dem Nachlassinventar des Grafen Ludwig Günther von Schwarzburg-­ Sondershausen-Ebeleben (1681) 64 Arnstadt, Schloss Neideck | Gläser aus dem Nachlassinventar des Fürsten Anton Günther II. von Schwarzburg-­ Sondershausen-Arnstadt (1716/17) 70 Schloss Sondershausen | Das Inventar der Schenklade des Erbprinzen Günther von SchwarzburgSondershausen (1720) und das Inventar der Schenklade der Fürstin Elisabeth Albertine von Schwarzburg-Sondershausen, geb. Prinzessin von AnhaltBernburg (1721) 100 Kammergut Haßleben, Schloss Keula, Schloss Sondershausen | Gläser in Inventaren des Fürsten Heinrich von Schwarzburg- Sondershausen (1748, 1757, 1764) 6 Carolin Schäfer Zum Geleit Dank Hendrik Bärnighausen | 10 Archivalische Quellen zu frühneuzeitlichen Glasbeständen in den Schwarzburg-Sondershäuser Hofhaltungen (Unterherrschaft) 12 Das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen | Archivalische Quellen zu Historischen Glasbeständen 20 Schloss Sondershausen | Aus dem Nachlassinventar der Gräfin Elisabeth von Schwarzburg, geb. Gräfin von IsenburgBüdingen (1572) — Gläser und andere Gegenstände aus Glas

BAND II Ralf Giermann | 6 Einführung 9 Danksagung 10 Formgläser Gläser ohne Schliff und Schnitt 50 Scherzgläser 62 Milch- und Emailgläser 86 Gläser mit Schnitt und Schliff 164 Farbgläser 194 Trinkservice 200 Verluste 206 Anhang 208 Quellen 209 Gekürzt zitierte Literatur 223 Bildnachweis & Impressum 112 Prinzenpalais Sondershausen Jagdhaus Schernberg | Gläser aus dem Nachlassinventar des Prinzen Rudolf von Schwarzburg-­ Sondershausen (1750–1752) 122 Schloss Ebeleben | Gläser im Inventar der Kastellanin (1800) 128 Schloss Sondershausen | Die Schenklade im Tafelzimmer (1809, 1812, 1823) — Eine Situationsbeschreibung 136 Prinzenpalais Sondershausen | Gläser im Nachlassinventar des Prinzen August II. von Schwarzburg-Sondershausen (1806) 140 Blick in die Sammlung des Schlossmuseums Sondershausen 142 Carolin Schäfer Rätselhafte Stangengläser im Bestand des Schlossmuseums Sondershausen — Eine Spurensuche 158 Ralf Giermann ». . . Ich schûsse wildbret, und vögel gern.« — Erotische Anspielungen auf Gläsern in Inventar und Bestand der Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen 170 Judith Thomann, Sabine Tiedtke Gläserne Beziehungen — Zusammengehörige Gläser in den Sammlungen des Schlossmuseums Sondershausen und des Thüringer Landesmuseums Heidecksburg in Rudolstadt 186 Philipp Steinkamp »ein Tag, den keiner vergessen wird« — Gläser zum Andenken an das Regierungsjubiläum des Fürsten Karl Günther von Schwarzburg-Sondershausen und das Heimatfest 1905 in Sondershausen 211 Bildnachweis & Impressum

6  er Katalog der Glassammlung des Schlossmuseums Sonderhausen umfasst alle hier inventarisierten Hohlgläser, mit Ausnahme der Apotheken-, Haushalts- und Industriegefäße, die einer gesonderten Veröffentlichung vorbehalten sind. Die Reihenfolge der Einträge in den Sachkapiteln ist von deren Umfang beeinflusst und nicht durchgehend stringent. Eine angenommene chronologische Entstehungsabfolge wird gegebenenfalls durchbrochen von einer Ordnung in typologische Gruppen oder nach Herstellungsregionen. In einigen Fällen spielen gestalterische Erwägungen eine Rolle. Bei den angewendeten Kriterien Form und Dekor hätten einzelne Objekte zudem ihren Platz auch in einem anderen Kapitel finden können. In das Kapitel Trinkservice wurden Objekte erst dann aufgenommen, wenn mindestens zwei funktional verschiedene Teile eines Services vorhanden sind. Solitär vorhandene Gläser, welche mutmaßlich einst ebenfalls einem Service angehört haben dürften, fanden je nach Gestaltungskriterien Aufnahme in einem der anderen Kapitel. Jede Katalognummer ist mit einer Abbildung des Glases bzw. der vorhandenen Gläserserie versehen. Lediglich bei den Servicen, deren jeweiliger Gläsertyp in einer größeren Anzahl vorhanden ist, wird immer nur ein Exemplar reproduziert. Die Anzahl der hier insgesamt erhaltenen Gläser erschließt sich aus der Inventarnummer. Für ein einziges Objekt, einen verlustig gegangenen Deckelpokal, stand kein Foto zur Verfügung. Wesentliche Elemente des Dekors, die in der Gesamtaufnahme nicht oder schlecht zu erkennen sind, werden im Ausschnitt gezeigt, erlaubte es der vorge- Ein füh gebene Umfang doch nicht, sämtliche Gläser ganzseitig abzubilden. Wo es sich anbietet, sind Vergleichsobjekte mit aufgenommen, so beispielsweise beim Sondershäuser Willkomm vier weitere Willkommpokale der Schwarzburger Grafen und Fürsten (Kat. 84), die erhaltene Trophäe eines auf einem Pokal abgebildeten Jagderfolgs (Kat. 138) oder die sogenannte »Nackte Jungfer« aus dem Bereich der Flora (Kat. 41). Die Gliederung der Einträge erfolgt auf Anregung und Empfehlung der bei Beginn der Arbeit bestehenden Museumsleitung. Bedingt durch eine sich über mehrere Jahre ausdehnende Katalogbearbeitung fiel es schwer, immer einheitliche Begriffe zu verwenden, doch bringt eine variable Beschreibung auch etwas Abwechslung in die Darstellungen. Bei der Benennung der Gefäße wird versucht, bei einer formtypischen zu bleiben und funktionstypische Bezeichnungen wie Wein- oder Bierglas, Wasserkaraffe u.a. zu vermeiden. Dies empfiehlt sich schon deshalb, weil Übergänge im Gebrauch fließend waren. Jedoch ließ sich diese Vorgehensweise nicht durchgehend einhalten; nicht zu umgehende Bezeichnungen wie Vase oder Tintenfass zeigen dies. D rung

7 Die Angaben zu der subtilen Tönung des farblosen Glases sind subjektiv. Andere Augen werden diese möglicherweise anders wahrnehmen. Materialtechnische und andere Untersuchungen wie die Bestimmung des spezifischen Gewichts der Gläser konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht durchgeführt werden. Offensichtlich original nicht zugehörende und erst später aufgesetzte Deckel wurden von den Pokalen getrennt und finden sich im Katalog separat aufgeführt. Lediglich stilistisch und größenmäßig gut aufsitzende Deckel werden an ihrem bisherigen Glas belassen. Kleinere Beschädigungen und Gebrauchsspuren wie Chips und Abrieb werden nicht erwähnt, ebenso wie nur teilweises Beschleifen des Abrisses, dafür aber durchgehend Restaurierungen und mutmaßlich später ergänzte Teile. Angaben zum Herstellungsort bleiben zwangsläufig häufig hypothetisch. Sie orientieren sich, wenn nicht eigenes Wissen vorhanden, an gleichen oder ähnlichen Stücken in der Literatur bzw. an helfenden Aussagen von Fachkollegen. Gleiches gilt für die Datierungen, sofern nicht Inschriften, Wappen oder andere Merkmale klare Anhaltspunkte liefern. Fehler und Irrtümer sind in beiden Fällen unvermeidbar. Die Beschreibung der Objekte nach Form und Dekor ist bewusst knapp gehalten, auf grammatisch vollständige Satzkonstruktionen wurde, außer in den meisten Kommentaren, verzichtet. Dies gebot einerseits der gegebene Umfang des Katalogs, andererseits wird so einer Monotonie durch unvermeidbare Wiederholungen vorgebeugt. Die Beschreibung der Form erfolgt von unten nach oben, im Wissen, dass dies nicht der Fertigungstechnik entspricht. Beim Dekor wird mit den wesentlichsten und beachtenswertesten Elementen begonnen. Die Schilderung der Wappen erfolgt, wie in der Heraldik üblich, mit der Vertauschung der Begriffe »rechts« und »links«. Wenn nicht anders angegeben, ist der Fußrand nach unten umgeschlagen, der Dekor an der Außenseite des Glases befindlich. Der Kommentar dient der Deutung und Erläuterung von Inschriften, Wappen, Monogrammen und anderen Dekor- oder Formelementen sowie verallgemeinerten Aussagen. In der Rubrik »Publiziert« wird das Objekt selbst dann aufgeführt, wenn es sich um eine bloße Erwähnung in der Literatur handelt. Vergleichsstücke verweisen auf gleiche oder weitgehend ähnliche Objekte. Sie werden in vielen Fällen eher zahlreich als spärlich genannt, um Interessierte bei einer eigenen Meinungsbildung zu unterstützen. Der Übersichtlichkeit dienen hierbei folgende Siglen: G gleiches oder identisches (in allen Belangen übereinstimmendes) Glas F gleiche oder weitgehend ähnliche Form M gleiches Monogramm D gleicher oder ähnlicher Dekor T gleiche Technik Zum Vergleich konnten folgende Sammlungen vollständig, einschließlich der Depotbestände im Original, angesehen werden: Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt, Schlossmuseum Arnstadt, Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig, Kunstsammlungen der Veste Coburg; darüber hinaus die ausgestellten Objekte im Kunstgewerbemuseum Berlin, im Museum für Glaskunst Lauscha und in zahlreichen weiteren kleineren Sammlungen. Alle anderen Vergleichsstücke wurden aufgrund publizierter Sammlungsbestände und Verkaufs- und Auktionskataloge einbezogen. Die Literaturangaben weisen über das vorgestellte Objekt hinaus auf funktionale, typologische, handwerkliche und künstlerische Aspekte, wie z. B. die sogenannte »Rudolstädter Rosette«. Sie dienen der umfassenderen Information. Gekürzt zitierte Museen: DHM Berlin Deutsches Historisches Museum Berlin KGM Berlin Kunstgewerbemuseum Berlin SPSG Berlin-Brandenburg Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg GNM Nürnberg Germanisches Nationalmuseum Nürnberg TLMH Rudolstadt Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt SBG Sachsen gGmbH Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gemeinnützige GmbH MAK Wien Museum für angewandte Kunst Wien KHM Wien Kunsthistorisches Museum Wien

12 1 FLASCHE | Niederlande oder Deutschland, 17. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 77 farbloses Glas mit grauer Tönung H 17,4 cm; Dm Mündung 3,0 cm | 1 FORM: leicht gewölbter Boden, Abriss; kugelförmiger Körper mit gekniffenen Bandauflagen netzartig überzogen; konischer Röhrenhals mit gekniffenem Faden unterhalb der Mündung, diese sich etwas weitend VERGLEICHSSTÜCKE: Klesse 1965, Nr. 60; Harden 1968, Nr. 189 (mit Fußscheibe); Schack 1976, Abb. 274; Bellanger 1988, S. 269; Ritsema van Eck, Zijlstra-Zweens 1993, Nr. 299; Bossche 2001, Taf. 69; Schaich 2007 (Hals gerippt), Nr. 317; Auk. Fischer 241, Nr. 305 LITERATUR: Poser 2017 2

13 2 ZWEI FLASCHEN | Venedig oder Façon de Venise, 17./18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 143, Kg 146 farbloses Glas mit rauchfarbener Tönung Kg 143 H 15,0 cm; H ohne Deckel 13,0 cm; Dm Mündung 2,9 cm Kg 146 H 12,8 cm; Dm Mündung 3,1 cm Kg 143 Deckel fragmentarisch; Kg 146 Deckel fehlt | FORM: gewölbter Boden, Abriss; zylindrischer Körper mit flach eingezogener Schulter und kurzem, zylindrischem Hals; Kg 143 Stülpdeckel mit Scheibe, kurzem Schaft und genopptem Knauf VERGLEICHSSTÜCKE: Boesen 1960, Nr. 10, 43, 86; Klesse 1973 a, Nr. 513; Dreier 1989, Nr. 66, 67; Stülpdeckel auch Tait 1979, Nr. 119; Dreier 1989, Nr. 70, 126, 127 3 3 NEUN FLASCHEN | Deutschland, 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 31, Kg 33, Kg 36, Kg 38, Kg 147, Kg 205, Kg 231, Kg 294, Kg 295 farbloses Glas; Kg 33, Kg 36, Kg 147, Kg 294, Kg 295 mit grauer Tönung H 12,8–13,3 cm; H ohne Stöpsel 10,5– 11,1 cm; Dm Mündung 1,9–2,2 cm Kg 205, Kg 294 Stöpsel fehlt; Kg 38 Stöpsel defekt | FORM: leicht gewölbter Boden, Abriss; kugelförmiger bzw. flachkugeliger Körper in den zylindrischen Hals übergehend; Stöpsel mit doppelt kugelförmigem Knauf PUBLIZIERT: Cremer, Tiedtke 2023, Abb. 66 VERGLEICHSSTÜCKE: Glashistorisk Selskab Aalborg 2015, Nr. 204, 206, 210, 218 Caraffer

4 FLASCHE, STÖPSEL MIT BEKRÖNUNG IN GESTALT EINES VOGELS | Böhmen oder Deutschland, wohl 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 76 farbloses Glas mit leicht grauer Tönung, Stöpsel mit gelber Tönung, blaues Glas H 23,0 cm; H ohne Stöpsel 16,5 cm; Dm Mündung 2,3 cm ein Teil des Vogels und der längste Teil der Kette fehlen, restauriert Stöpsel original nicht zur Flasche gehörend | FORM: leicht gewölbter Boden mit gewelltem Rand, Abriss; konischer Körper, über dem Boden Ringöse, Wandung mit rautenförmigen Warzen, auf der Schulter umlaufend dicker, gekniffener Faden, kurzer konischer Hals; kugeliger Stöpsel mit Zapfen und aufgesetztem Vogel an einer Kette 4 4 KOMMENTAR: Objekte mit Vogelbekrönung – zumeist ein Hahn – finden sich besonders auf Gefäßdeckeln von (Zucker-)Dosen: Museum für Glaskunst Lauscha, Inv.-Nr. I 199, I 4589, I 4590; GNM Nürnberg, Inv.-Nr. GI 377 (ebenfalls mit Kette); Bauer, Gabbert 1980, Nr. 266; Hoffmann 1993, Nr. 9, 10; Auk. Nagel 334, Nr. 399, 400; lediglich erhaltene Deckel: GNM Nürnberg, Inv.-Nr. Gl 79, Gl 96; siehe auch Poser 1989 a; auf Bügeln von Schalen: Kat. 69; Auk. Nagel 334, Nr. 402 VERGLEICHSSTÜCKE: Historisches Museum der Stadt Wien 1983, Nr. 22/104 (MAK Wien, Inv.-Nr. GL 389); GNM Nürnberg, Inv.-Nr. HG 3292; Weiß 1966, S. 138, Abb. rechts; F: Dexel 1977, Abb. 244; Brakhahn 2007, Nr. 442

15 5 FLASCHE | Venedig oder Deutschland, 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 139 farbloses Glas H 15,3 cm; Dm Mündung 3,0 cm Glas getrübt | FORM: gewölbter Boden, Abriss; kugelförmiger Körper mit Röhrenhals vertikal gerippt VERGLEICHSSTÜCKE: Brakhahn 2007, Nr. 495; Auk. Nagel 334, Nr. 1293; Auk. Fischer 283, Nr. 213 LITERATUR: Poser 2017 5 6 FLASCHE | Deutschland, vielleicht 2. Hälfte 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 39 farbloses Glas mit grauer Tönung H 12,9 cm; B 7,0 cm Stöpsel fehlt | FORM: flacher Boden, Abriss; rechteckiger, konischer Körper mit rund ansteigender Schulter, Wandung vom Boden bis teilweise zum Ansatz der Schulter außer in der Mitte der Längsseiten mit Riefen; kurzer konischer Hals VERGLEICHSSTÜCKE: Kat. 150 6

16 8 ZWEI VIERKANTFLASCHEN | vermutlich (Nord-)Deutschland, etwa Mitte 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 395, Kg 399 grünes Glas Kg 395 H 24,6 cm; L × B 11,7 cm; Dm Mündung 4,0 cm Kg 399 H 24,8 cm; L × B 11,7 cm; Dm Mündung 4,0 cm | FORM: leicht gewölbter Boden, Abriss; vierkantiger Körper mit rund eingezogener Schulter, kurzer, konischer Hals mit ausgezogener Mündung VERGLEICHSSTÜCKE: Bossche 2001, Abb. 202; Schaich, Baumgartner 2007, Nr. 434; Auk. Nagel 334, Nr. 1268, 1269, 1272 7 ZWEI VIERKANTFLASCHEN | Deutschland, vielleicht Ende 18./ Anfang 19. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 397, Kg 398 farbloses Glas mit grüner bzw. grauer Tönung Kg 397 H 26,0 cm; L × B 13,8 × 8,8 cm; Dm Mündung 5,0 cm Kg 398 H 25,8 cm; L × B 12,9 × 9,0 cm; Dm Mündung 4,8 cm | FORM: leicht gewölbter Boden, Abriss; vierkantiger Körper mit rund eingezogener Schulter, kurzer Röhrenhals mit ausgezogener Mündung 8 7

17 9 DREI KARAFFEN | Deutschland, Mitte 19. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 311, Kg 624, Kg 625 farbloses Glas Kg 311, Kg 624 H 17,8 cm; Dm Mündung 4,5 cm Kg 625 H 17,6 cm; Dm Mündung 4,5 cm Stöpsel fehlen | FORM: flacher Boden, Abriss bzw. Schliffmulde; birnenförmiger Körper mit zylindrischem Hals, dieser mit drei aufgelegten Wulstringen und ausgezogener Mündung VERGLEICHSSTÜCKE: Poschinger 1888, S. 73, Nr. 501 links; Brakhahn 2007, Nr. 543 9 10 KARAFFE | (Nord-)Deutschland, Mitte 19. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 378 farbloses Glas H 27,7 cm; Dm Mündung 6,0 cm Stöpsel fehlt | FORM: flacher Boden, Schliffmulde; konischer Körper mit ansteigender Schulter, zylindrischer Hals mit ausgezogener Mündung, drei aufgelegte Wulstringe VERGLEICHSSTÜCKE: Damm 2005, Bd. 1, S. 139, Nr. 9; Brakhahn 2007, Nr. 544 10

71 TRINKHORN | Venedig oder Façon de Venise, wohl Ende 16. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 274 farbloses Glas mit grauer Tönung, Milchglasfäden Silberlegierung, ziseliert, vergoldet L 35,0 cm; Dm Mündung 6,5 cm Sprünge und Fehlstellen in Wandung, restauriert | FORM: Gefäß in Gestalt eines gebogenen, zur Mündung hin sich weitenden Tierhorns; an Hornspitze Abschlussring mit Knauf, in Hornmitte umgelegter, gekniffener Faden mit Öse, unterhalb der Mündung an umgelegtem, gekniffenem Faden Bandhenkel ansetzend; Fassung an Mündung, Hornspitze und Bandhenkel; Metallkette DEKOR: Wandung mit Längsstreifen aus abwechselnd glatten und gedrehten Milchglasfäden, dazwischen Klarglasfäden; gravierte, ziselierte und vergoldete Fassung mit Zackenkranz, am Bandhenkel mit Akanthusblatt, Kette vergoldet KOMMENTAR: Genannt im Inventar der Schenklade im Tafelzimmer von Schloss Sondershausen für die Jahre 1812 und 1823 »in der Nische hinter der Schenklade daselbst«: »[...] oben hängt ein sonst gewöhnliches Trinkhorn an einem Kettchen« bzw. »[e]in vor Alters in Gebrauch gewesenes Trinkhorn an einem Kettchen« (siehe den Beitrag von Hendrik Bärnighausen, Bd. I, S. 133). VERGLEICHSSTÜCKE: Laméris, Barreda 2022, S. 66–68 und 109; außerdem Mieleszko 2005, S. 170; MAK Wien, Inv.-Nr. KHM 339 (2677); zu archäologischen Trinkhörnern aus Glas vgl. Evison 1975 71

53 72 A NGSTER / K UTTROLF | Deutschland, 17. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 235 farbloses Glas mit grauer Tönung H 16,0 cm; Dm 9,5 cm Ausbrüche an der Mündung Engster« sowie in einer »Rasselkammer« »32 Engster gleserlein« erwähnt, im Glasinventar des Erbprinzen Günther 1720, Bl. 5 a, ein »Glas mit ein gewundenen Hals« (siehe die Beiträge von Hendrik Bärnighausen, Bd. I, S. 29 Nr. [25], S. 49 Nr. [46], S. 75 Nr. [96]). VERGLEICHSSTÜCKE: Klesse 1965, Nr. 54; Harden 1968, Nr. 180; Klesse 1973 b, Nr. 183; Schaich, Baumgartner 2007, Nr. 315 LITERATUR: Fuchs 1927; Löber 1966, S. 546 f.; Poser 1989 c; Biemann 2003; Schaich, Baumgartner 2007, S. 220 f. 73 FUSSBECHER MIT KLAPPERRINGEN | Deutschland, 17./18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 212 farblos Glas mit grüner Tönung H 16,5 cm; Dm Lippe 9,2 cm ein Ring fehlt | FORM: gewickelter Fadenfuß, Abriss; hohe trichterförmige Kuppa mit spiralig umgelegtem, gekniffenem Faden, am oberen Teil der Wandung drei angesetzte Ösen, in denen bewegliche Ringe hängen KOMMENTAR: Es handelt sich um ein beliebtes Trinkglas des 16. bis 18. Jahrhunderts, das in zahlreichen Exemplaren und mehreren Varianten vorkommt. QUELLEN: Inventar Schloss Schwarzburg 1912, Schreibzimmer Seiner Durchlaucht des Fürsten, Einlage zu Nr. 91, Nr. 66 VERGLEICHSSTÜCKE: nahezu gleich: Bauer, Gabbert 1980, Nr. 259; ähnlich: Schmidt 1914 b, Nr. 57; Schade 1968, Abb. 23; Drahotová 1991, Abb. 40; Klesse, von Saldern 1978, Nr. 13; eine Übersicht über die Formenvielfalt mit zahlreichen Beispielen bei Laméris, Barreda 2022, S. 268–275, 281 71 72 73 | FORM: leicht gewölbter Boden, Abriss, gekniffener Fußring; kugeliger Körper mit spiralförmig umgelegtem, gekerbtem Faden, ein solcher auch um den Schulteransatz; vierröhriger, gedrehter und seitlich gebogener Hals mit gekniffenem Band am Ansatz der gedellten Mündung KOMMENTAR: Im Nachlassinventar des Grafen Johann Günther I. von SchwarzburgSondershausen-Ebeleben aus dem Jahre 1586 werden im Weinkeller ein »Venedisch

54 75 VIER STURZBECHER | Deutschland, 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 28, Kg 29, Kg 368, Kg 369 farbloses Glas mit grüner Tönung H 16,8–17,5 cm; Dm Lippe 8,6–9,0 cm | FORM: massiver Ring, flachkugeliger Knauf zwischen Ringscheiben, leicht glockenförmige Kuppa QUELLEN: vielleicht bereits genannt im Glasinventar des Erbprinzen Günther vom 24. April 1720 »6. Glocken-Gläser« (siehe den Beitrag von Hendrik Bärnighausen, Bd. I, S. 75 Nr. [57]) PUBLIZIERT: Cremer, Tiedtke 2023, S. 54, Abb. 46 VERGLEICHSSTÜCKE: Kat. 74 74 75 74 ZWEI STURZBECHER MIT SPIEGELMONOGRAMM »CWFZS« | Deutschland, Schnitt Thüringen, um 1700/1710 Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 5, Kg 6 farbloses und kobaltblaues Glas Matt- und Blankschnitt Kg 5 H 16,4 cm; Dm Lippe 9,1 cm Kg 6 H 15,8 cm; Dm Lippe 8,8 cm Kg 6 restauriert | FORM: massiver, kobaltblauer Ring, Ringscheiben, konische Kuppa mit gerundetem Ansatz DEKOR: Spiegelmonogramm »CWFZS« zwischen gebundenen Palmzweigen unter Fürstenhut, Lippenrand mit aufgelegtem kobaltblauem Faden KOMMENTAR: Das Monogramm »CWFZS« steht für Christian Wilhelm Fürst zu Schwarzburg-Sondershausen (1647–1721, reg. als Fürst ab 1697). QUELLEN: möglicherweise genannt im Glasinventar des Erbprinzen Günther 1720: »6. Glocken-Gläser« (siehe den Beitrag von Hendrik Bärnighausen, Bd. I, S. 75 Nr. [57]) PUBLIZIERT: Thomann 2023, S. 175, Abb. 9 VERGLEICHSSTÜCKE: F: Kat. 75; Baumgärtner 1977 b, Nr. 91; The Metropolitan Museum of Art New York, Inv.-Nr. 27.185.77; Ringe als Handgriffe auf Pokaldeckeln: Schmidt 1914 a, S. 94, Abb. 39; Drahotová 1989, Taf. 11; Lanmon 2011, Nr. 38 A und B; Fischer 2011, Nr. 99; Ring als Teil des Schaftes: KHM Wien, Inv.-Nr. 10326; Ritsema van Eck, ZijlstraZweens 1993, Nr. 23; D: Kat. 156, Kat. 147; vgl. auch Spiegelmonogramm »CW« Kat. 112 und Kat. 159; Auk. Lepke 1788, Nr. 478; Ligaturmonogramm: Klesse, Mayr 1987, Nr. 154

76 KELCHGLAS MIT AUFSATZ EINER HIRSCHFIGUR | Deutschland, möglicherweise Thüringen, Ende 17./1. Drittel 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 192 farbloses Glas H gesamt 34,0 cm; H Kelch 22,1 cm; Dm Lippe 10,5 cm restauriert | FORM: leicht ansteigender Fuß mit umgeschlagenem Rand, Abriss; Balusterschaft zwischen Scheibengruppen, Hohlknauf mit drei Ausstülpungen, von denen eine offen ist; konische, unten gerundete Kuppa, aus dieser mittig ein Röhrendorn aufsteigend, über den 76 ein Rohr gestülpt ist, welches den schwebenden Körper einer hohlen Hirschfigur (gerader 14-Ender) mit angewinkelten Läufen durchstößt, die Läufe des Hirsches am Rohr ansetzend; um das Rohr gelegte und gekniffene Glasfäden am unteren Ende und an den Schalen (Hufen) des Hirsches KOMMENTAR: Um aus dem Glas trinken zu können, hatte der Trinker am Äser des Hirsches zu saugen, da dieser ihm die Möglichkeit, direkt aus dem Kelch zu trinken, versperrte. Der Wein floss dann durch das Saugrohr des Tieres in dessen Körper. Zudem strömte der Wein über das Saugrohr des Hirsches in den Röhrendorn des Glases und anschließend durch den offenen Kuppaboden und – wenn der Trinker dies nicht bemerkte und rechtzeitig mit den Fingern verschloss – aus der Öffnung an einer der drei Ausstülpungen, wodurch sich der Benutzer besudelte. In Deutschland waren diese Gläser vom 16. bis in die 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts sehr beliebt und verbreitet. Erhalten haben sie sich mit bis zu vier Hirschfiguren, Halbfiguren von Hirsch und Pferd sowie berittenem Hirsch. Thüringische Glashütten hatten in ihrer Preisliste vom 29. Juni 1735 Gläser mit einer, vier und sogar sechs Hirschfiguren im Angebot (Stieda 1913, S. 222). QUELLEN: Inventar Schloss Schwarzburg 1912, Schreibzimmer Seiner Durchlaucht des Fürsten, Einlage zu Nr. 91, Nr. 29 PUBLIZIERT: Giermann 2022, S. 21 f., Abb. 4 und 5 VERGLEICHSSTÜCKE: zahlreich genannt bei Rückert 1982, Bd. 1, Nr. 233 und Laméris, Barreda 2022, S. 167, siehe auch S. 135–141; außerdem: TLMH Rudolstadt, Inv.-Nr. G 0243 (drei Hirsche); Hörning o. J., Nr. 18 (fragmentarisch); GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig, Inv.-Nr. V 270 (fragmentarisch, H Hirsch mit Steigrohr 39,0 cm; Dm Rohr 3,5 cm); Toledo Museum of Art, Inv.-Nr. 2004.89A (ein Hirsch); Auk. im Kinsky 107, Nr. 606 (vier Hirsche); fragmentarisch auch Auk. Fischer 148, Nr. 89; Auk. Ders. 181, Nr. 121

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77 KELCHGLAS MIT GLOCKENFUSS | Böhmen, 1. Drittel 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 26 farbloses Glas, rote Fadeneinlage Matt- und Blankschnitt H 24,0 cm; Dm Lippe 8,7 cm (großer Kelch); Dm Lippe 7,8 cm (kleiner Kelch) Bruchstelle im Inneren des kleineren Kelches | FORM: zwei glockenförmige Kelche, Schaft aus flachkugeligem Ansatz, spiralig gedrehtem Baluster und Nodus, Wulst- und Ringscheibe DEKOR: Baluster und Nodus mit roter Fadeneinlage, unterhalb der Lippenränder Bordüre aus Blütenfestons KOMMENTAR: Die Bruchstelle im Inneren der kleineren Kuppa deutet auf den Verlust einer Ringöse und eines Klöppels und somit auf eine ursprüngliche Verwendung des Kelches als Glocke hin. Mit dieser konnte der Gast nach dem Leeren beim Abstellen des Glases ein Glockenzeichen, vielleicht zum Nachschenken, geben. VERGLEICHSSTÜCKE: F: TLMH Rudolstadt Inv.-Nr. G 0241; Boesen 1960, Nr. 137; Klesse 1965, Nr. 190; Lange 1981, Abb. S. 207; Trux 1992, Nr. 6; Laméris, Barreda 2022, S. 99, Abb. 14; Auk. Nagel 334, Nr. 1478, 1479; Verluste Kat. Verlust 3 77 78 78 POKAL MIT DELPHIN UND SCHNECKENGEHÄUSE | Façon de Venise, vermutlich 19. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 98 farbloses Glas, Golddekor H 28,0 cm; Dm Fuß 9,0 cm Spitze des Schneckengehäuses fehlt, restauriert | FORM: leicht ansteigender, gerippter Fuß mit nach oben umgeschlagenem Rand, Abriss; kurzer Stängelschaft mit Ringscheiben; hohler, längsgerippter, in die Höhe spiralig gedrehter Delphinkörper mit gerippten und gekniffenen Flossen und Maultaschen; der Schwanz ein ebenfalls geripptes, oben abgeflachtes Schneckengehäuse tragend DEKOR: Kopf- und Schwanzflossenbereich des Delphins sowie Ringscheiben mit Goldmalerei VERGLEICHSSTÜCKE: Rückert 1982, Bd. I, Nr. 104; Auk. Fischer 142, Nr. 906; Auk. Ders. 163, Nr. 367

64 84 »NEUE-HAUS-­ WILLKOMM« | Thüringen, Glashütte Schmalenbuche Glasmaler Hans Müller signiert »HM« (ligiert), datiert 1669 Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 250 farbloses Glas mit grüner Tönung Emailfarben- und Golddekor H 39,5 cm; H ohne Deckel 28,0 cm; Dm Lippe 13,2 cm Boden, Standring und Deckelknauf ergänzt, mehrere Sprünge, restauriert | FORM: gewölbter Boden, leicht fassförmiger Körper mit umgelegtem Standring; Deckel mit zunächst gerader, zur Mitte ansteigender Schulter, gedrückter Kugel und mehrfach gegliedertem, in einer Kugel endendem Knauf DEKOR: polychrome Emailmalerei; hauptseitig Kartusche mit zwei Gabeln und Kamm, im Rand des anhängenden schweifwerkartigen Zierelements mit Rhombus ligierte Initiale »HM«; über der Kartusche thronende nackte Engelsfigur mit Pokal und Weintraube in den Händen; darüber zwei mit Heiligenschein ausgestattete, ebenfalls nackte Engelsfiguren mit Zepter bzw. Schwert, eine Krone über das Haupt der sitzenden Figur haltend; links und rechts der Kartusche zwei mit gerafften Röcken gewandete und geflügelte Frauenfiguren auf Rasenleiste mit Pokal bzw. Knickhalslaute, die linke Figur mit Nimbus; gegenständig Wappen der Grafen von Schwarzburg; zwischen Wappen und Kartusche ligierte Spiegelmonogramme »AAGZS« unter Grafenkrone bzw. »AEJ«; darunter Aufschrift: »Der neű Hauswilkom bin ich genant, allen guden freűnden hiher gesant ausgefült mit bir oder wein das wer zum ersten mal kömpt herei man mich in also setze für damit ein ider seh undt spür wes standes auch diselben seint das man es gar gut mit in meindt nimpt er mich den gutwillich an duth Er als ein verstendig man, trinkt er mich 2. oder 3. Mal aus, kömpt er nich nüchdern aus diesen Haus wer mich austrinckt zu ider zeit den gesegnes die heilige treifal digkeit Ich bin schön hel und klar, aus asch undt sant gemacht durch menschen kunst und wint in diesen form gebracht, setz man mich unsanft hin so brech ich gleich enzwey˝, mich dünckt ein mensch u. ich das sey˝ fast einerley˝, GLÜCK UND GLAS, WIE BAL ZUbICHT DAS, ANNO DOMINI 1669 Den 24. Septemb:«; Unter dem Lippenrand umlaufendes breites Goldband zwischen Linien und Bogenlinien; Deckelrand getupft, Schulter mit umlaufenden Streifen und stilisiertem, vegetabilem Dekor, Wölbung darüber mit lanzettförmigen Streifen KOMMENTAR: Der Name »Neue-Haus-­ Willkomm« leitet sich ab von dem 1669 eingeweihten gräflich-schwarzburgischen Jagdhaus »Neues Jagdhaus« bei Schmalenbuche am Rennsteig, für das der Humpen als Begrüßungsgefäß angefertigt wurde. Ein Inventar aus diesem Jahr nennt den Willkomm an erster Stelle unter den Gläsern: »Ein großer Willkomm-Humpen mit dem Gräflichen Wappen, Namen und gemaltem Deckel«. Teile der Aufschrift finden sich auch auf Thüringer Gläsern in Erfurt (Kühnert 1938, S. 324) und Prag (Kühnert 1931, S. 601). Die Worte »Glück und Glas, wie bald zerbricht das« sind wiederholt auf Gläsern zu lesen. Das Monogramm »AAGZS« steht für Albert Anton Graf zu Schwarzburg-Rudolstadt (1641–1710, reg. ab 1646, bis 1662 Vormundschaft der Mutter), »AEJ« für Aemilie Juliane von Barby-Mühlingen (1637–1706), Gemahlin Albert Antons. Gabel und Kamm sind Bestandteile des Schwarzburger Wappens. Die geflügelten Frauenfiguren mit Pokal bzw. Laute allegorisieren nach dem italienischen Gelehrten Cesare Ripa in dessen 1669 in Deutsch erschienener »Erneuerte Iconologia oder Bildersprach« die Fröhlichkeit Allegrezza und die Harmonie Armonia, die »wohlklingende Zusammenstimmung«. Die von den nimbierten Erscheinungen gehaltenen Rangzeichen Krone, Zepter und Schwert symbolisieren möglicherweise die kaiserliche Gnade und deren Schutz für das Haus Schwarzburg. Heraldisch lässt sich die Krone am ehesten mit der Hauskrone Kaiser Rudolfs vergleichen. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war der Willkomm aufgrund seines defekten Zustandes nicht mehr in Gebrauch. Auf einem Foto von 1895 fehlen der Standring und der Deckelknauf. Spätestens 1932 war der Boden des Glases »nur noch angekittet« (Kühnert 1932, S. 494). PUBLIZIERT: Cederström 1895, S. 4 f.; Schmidt 1922, S. 194 erwähnt; Kühnert 1929, S. 2; Kühnert 1932, S. 493 f. (Dass. Kühnert 1973, S. 385–387); Schmidt 1932, S. 597 erwähnt; Kühnert 1963, S. 175 (Dass. Kühnert 1973, S. 436 und Abb. 7); Bulletin du Verre, Nr. 7 (1973–1976) [erschienen 1977], Abb. 157; Ranz 1998; Müller-Andörfer 2006, S. 62; Cremer, Tiedtke 2023, S. 12 f. LITERATUR: Kühnert 1929; Kühnert 1973, S. 291 f., 365–367, 373 f, 385–387, 436 84

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66 WEITERE SCHWARZBURGER WILLKOMM: »GOLDENE HENNE« MIT ANHÄNGENDEM »GESCHMEIDE« | Silberlegierung, ziseliert, vergoldet, datiert 1558, restauriert und ergänzt 1731 Meisterzeichen ED für Emanuel Drentwet Beschauzeichen Barthlomäus Heuglin, Augsburg H 30,5 cm; »Geschmeide« Eichenholz, L 59 cm, Eisenkette TLMH Rudolstadt, Inv.-Nr. Kg 1350 »Geschmeide« Schlossmuseum Sondershausen, Inv.-Nr. Km 92 | Inventar Schwarzburg 1736, Bl. 1: »1. An Silber Werck.«: »1. Silberner Vergüldeter Willkomm, einen Adler vorstellend, nebst der Jungfer«. (tatsächlich handelt es sich um eine Auerhenne) Das sich an einer Kette befindende rund 9 Kilogramm schwere »Geschmeide« aus Eichenholz, die sogenannte »Jungfer«, wurde dem Gast um den Hals vor die Brust gehängt. Es behinderte ihn beim Trinken aus dem Vogel, dem der Kopf hierzu abgenommen wurde. Nach dem zwangsweisen Auszug der Witwe Anna Luise, Fürstin zu Schwarzburg, im Juni 1940 aus der Schwarzburg wurde das Gefäß nicht mehr als Willkomm genutzt. LITERATUR: Lehfeldt 1894, S. 221 f.; Cederström 1895, S. 1 f.; Deubler 1975, S. 79–82; Winker 2004, S. 65 f.; Henkel 2008, S. 212; Westphalen 2015, S. 131; Lüderitz 2020, S. 26 f. 84 84 »Goldene Henne«

67 freigeben, wenn man den Kopf weit nach hinten neigt und das Glas fortwährend in Richtung der Spiralen dreht. LITERATUR: Cederström 1895, S. 3; Henkel 2008, S. 235 SITZENDER BÄR | Meissener Porzellan, Modell Johann Joachim Kaendler zugeschr., datiert 1749 unterglasurblaue gekreuzte Schwerter, H 26 cm Klassik Stiftung Weimar, Inv.-Nr. N 1/59 | Das aufgerichtete Tier mit abnehmbarem Kopf hält ein Schriftband in den Tatzen: »Wen ich willkomen heiß, in Schwartzburgs Fürsten Haus Der trinck auf’s Fürsten wohl, mich rein und redlich aus, Misenens Königs Schloß, hat mich zur Welt gebracht und Nimptschens treues Hertz hat diesen Wunsch erdacht. Anno 1749.« LITERATUR: Lehfeldt 1894, S. 66; Cederström 1895, S. 5 f.; Auk. Lepke 1989, Nr. 427; Henkel 2008, S. 235, Abb. S. 234; Banz, Pietsch 2010, Nr. 329 »Schiessbecher« »Strafglas« Sitzender Bär »SCHIESSBECHER« | Zinn, Ilmenau, 1. Hälfte 17. Jh. H 42,2 cm; 1895 restauriert und ergänzt, Schießvorrichtung fehlt Schlossmuseum Sondershausen, Inv.‑Nr. Km 7, als Leihgabe im Zeughaus Schwarzburg | Nach dem vollständigen Leeren und Absetzen des Gefäßes wurde eine im Inneren des Bechers verborgene Schießvorrichtung mit 18 Pulverladungen ausgelöst. LITERATUR: Cederström 1895, S. 3 f.; Deubler 1983; Henkel 2008, S. 235, Abb. S. 234; Henkel 2017, S. 33 »STRAFGLAS« | farbloses Glas, wohl 2. Hälfte 17. Jh. H 9,0 cm; Dm Fuß 7,5 cm TLMH Rudolstadt, Inv.-Nr. G 0279 | Das kleine Gefäß, vermutlich für die Damen, verfügt im Inneren über Spiralwindungen, die seinen Inhalt nur tropfenweise und allmählich DARÜBER HINAUS IN INVENTAREN GENANNT: Nachlassinventar des Grafen Johann Günther I. von Schwarzburg-Sondershausen 1586, Schloss Sondershausen: »1 grosser holtzerner runder Dennemärkisch willkom«, »1 ander schwartzer holtzerner Oldenburgischer willkom« und »1 Stroener willkom« (siehe den Beitrag von Hendrik Bärnighausen, Bd. I, S. 30, Nr. [57], [58], [59]) Nachlassinventar des Fürsten Anton Günther II. von Schwarzburg-SondershausenArnstadt 1716/17, Schloss Neideck: »1 großer Wilkommen Von Grünen Glase mit silber beschlagen und vergult mit zwei anhängen« (siehe den Beitrag von Hendrik Bärnighausen, Bd. I, S. 67, Nr. [50]) Nachlassinventar des Prinzen Rudolf von Schwarzburg-Sondershausen 1750–1752, Schloss Sondershausen, Prinzenpalais: »1 groß geschnitten Deckel-Glaß als 1 Willkommen, und zwar das gröste« (siehe den Beitrag von Hendrik Bärnighausen, Bd. I, S. 118, Nr. [2a]) Inventar Schloss Schwarzburg 1912, Salon Seiner Durchlaucht des Fürsten, Einlage zu Nr. 92, Nr. 154: »Ein Willkommen in Gestalt eines stehenden Bären an einem Baumstumpf, mit abnehmbarem Kopf, auf einem Sockel befestigt, am Sockel Früchte und sonstige Verzierungen, von Silber vergoldet«

68 85 DREI BECHER MIT SPIEGELMONOGRAMM | Glas Hessen oder Thüringen, Dekor vermutlich Thüringen, vielleicht vor 1670 Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 23, Kg 65, Kg 68 gelbgrünes Glas, Emailfarbendekor Kg 23 H 5,8 cm; Dm Lippe 7,9 cm Kg 65 H 6,2; Dm Lippe 9,0 cm Kg 68 H 6,3 cm; Dm Lippe 8,7 cm Kg 65 und 68 Sprung in Wandung und Ausbrüche, restauriert | FORM: hochgestochener Boden, Abriss; zylindrischer, leicht bauchiger Körper DEKOR: Spiegelmonogramm »AE« oder »SLE« in weißer Emailmalerei mit schwarzer Binnenzeichnung KOMMENTAR: Auflösung und Deutung des Monogramms sind bisher nicht sicher möglich. Rudolf von Strasser liest »EA« und deutet das Monogramm für »wahrscheinlich« Elisabeth-Albertine von Anhalt-Bernburg (1693–1774), verheiratet ab 1712 mit Günther I. von Schwarzburg-Sondershausen. Er folgert daraus eine Entstehung Anfang des 18. Jahrhunderts. Stilistisch passen Becherform und Dekor in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Bei üblicher Lesart von links nach rechts bleiben wohl »AE« oder »SLE«. Für die ähnlich malerische Gestaltung eines Monogramms siehe den Sondershäuser Willkomm, Kat. 84 mit seiner Datierung 1669. Vielleicht steht das Monogramm für Æmilie Antonie von Schwarzburg-Rudolstadt (1614– 1670), verheiratet ab 1638 mit Graf Ludwig Günther I. (reg. 1612–1646). Nach dem Tod ihres Gatten führte sie bis 1662 zusammen mit Heinrich II. Reuß zu Gera vormundschaftlich die Regierungsgeschäfte für ihren unmündigen Sohn Albert Anton. QUELLEN: Inventar Schloss Schwarzburg 1912, Schreibzimmer seiner Durchlaucht des Fürsten, Einlage zu Nr. 91, Nr. 37: »2 niedrige grünliche Glasnäpfe, daran gemalt ein verschlungenes Monogramm E. E. L. L. A.« PUBLIZIERT: Cremer, Tiedtke 2023, S. 60, Abb. 59 (»EA«) VERGLEICHSSTÜCKE: G: Dexel 1977, Abb. 65 (ohne Deutung); Rückert 1982, Bd. I, Nr. 186 (»S, L, E (und A?) oder AES oder AE«), »mindestens fünf solche Becher mit Provenienz Sondershausen um 1964 im Münchner Kunsthandel«; Auk. Fischer 153, Nr. 230 (»ABL (?)«); Strasser 1989, Nr. 47 (»SLEA«) bzw. 2002, Nr. 80 (»EA«), jetzt KHM Wien, Inv.-Nr. 10265; KGM Berlin, Inv.-Nr. 1973.36 (»AES«); Klesse, Saldern 1978, Nr. 325 (»EA«, Gefäß farblos, gerippt), jetzt Corning Museum of Glass, Inv.-Nr. 2015.3.22; vgl. Glasfarbe: Killing 1927, Tafel 7; Rückert 1982, Bd. I, Nr. 188; Brüderle 2013, Nr. 86 85

69 86 ZWEI STANGENGLÄSER | Deutschland, 17. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 154, Kg 155 farbloses Glas mit grauer Tönung, Emailfarbendekor H 21,5 cm; Dm Lippe 5,7 cm Kg 155 Sprünge in Fuß, restauriert | FORM: zunächst flacher, dann leicht bauchig hochgezogener Fuß mit umgeschlagenem Rand; zylindrischer Körper mit hochgestochenem Boden, Abriss; an der Nahtstelle von Fuß und Kuppa umgelegter Glasfaden DEKOR: Wandung durchgehend mit vertikalen, aufgemalten weißen Streifen, Kg 155 jeder dritte mit Netzstruktur, beide Gläser auf dem umgelegten Faden weiß gepunktet VERGLEICHSSTÜCKE: Haase 1974, Nr. 32; Dass. auch Haase 1988, Nr. 41, Taf. 31 (1999 Rückgabe an Haus Wettin, 2018 im Münchener Kunsthandel) 87 FUSSSCHALE | Franken oder Thüringen, 17. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 59 farbloses Glas mit grauer Tönung Emailfarben- und Golddekor H 7,9 cm; Dm Lippe 9,1 cm Reste von Vergoldung, Sprünge in Wandung, restauriert | FORM: hochgezogener Fuß mit umgeschlagenem Rand, Abriss; leicht konischer Körper, mittig durch aufgelegten Faden in zwei Zonen gegliedert DEKOR: ober- und unterhalb des Fadens jeweils umlaufend grüne Blattranken, dazwischen Punkte oder stilisierte Blüten in Braun, Blau und Gelb, von braunen und einem blauen Reifen eingefasst KOMMENTAR: Robert Schmidt (siehe Lit.) macht auf »ganz klare Analogien« in der Ornamentik von Creussener emaillierten Steinzeugkrügen und Emailgläsern des 86 87 17. Jahrhunderts in oberpfälzischen, fränkischen und thüringischen Ländern aufmerksam und hält eine klare Abgrenzung zwischen diesen Gegenden für »unmöglich«. Datierte Stücke auf Glas und Steinzeug zwischen 1615 und 1678, die dem Dekor auf der Fußschale sehr nahekommen, erschweren eine nähere zeitliche Eingrenzung des Objektes. VERGLEICHSSTÜCKE: D: Klinge 1977, Nr. 15, 34, 68; Kröll 1980, Nr. X; Endres 2009, Nr. 40; Strasser, Baumgärtner 2002, Nr. 42; Haag 2013, Nr. 22; Auk. Fischer 250, Nr. 189; Auk. im Kinsky 122, Nr. 38 LITERATUR: Schmidt 1922, S. 185 f.

88 108 POKAL MIT BLUMENFESTONS | Deutschland, Schnitt vermutlich Nürnberg, Paul Eder zuzuschreiben, um 1690 Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 123 farbloses Glas mit manganfarbener Tönung Matt- und Blankschnitt H 30,9 cm; Dm Lippe 11,7 cm glaskrank | FORM: ansteigender Fuß mit umgeschlagenem Rand, Abriss; hoher, mehrfach gegliederter Hohlschaft aus Nodi und Ringscheiben, konische, unten gerundete Kuppa DEKOR: Kuppa mit von Bändern gehaltenen Blumenfestons, Fußscheibe mit Lorbeerkranz VERGLEICHSSTÜCKE: D: Bernt 1950, Nr. 51; Meyer-Heisig 1963, Abb. 174; Mosel 1979, Nr. 114; Tiedtke 2020, Abb. 714, 718, 720; Auk. Fischer 79, Nr. 169; Auk. Ders. 155, Nr. 95 LITERATUR: Paul Eder: Tiedtke 2020, S. 245–269 108 108

89 109 KELCHGLAS MIT FACETTIERTER KUPPA | Riesengebirge, vielleicht Böhmen, Ende 17. /Anfang 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 56 farbloses Glas mit leicht gelber Tönung Schliff H 19,7 cm; Dm Lippe 8,8 cm | FORM: in der Mitte leicht ansteigender Fuß, Abriss; mehrfach gegliederter Schaft aus kurzem Stängel mit Schnürung und Baluster mit eingestochener Luftblase zwischen Scheiben, Kopf des Balusters facettiert; konische, am Ansatz gerundete Kuppa sechzehnfach facettiert 110 DECKELPOKAL | Riesengebirge, vermutlich Böhmen, 1. Hälfte/Mitte 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 244 farbloses Glas mit gelber Tönung Schliff H 35,8 cm; H ohne Deckel 25,4 cm; Dm Lippe 10,5 cm | FORM: leicht ansteigender Fuß, Abriss; vielfach gegliederter Schaft aus kurzen Stängeln, kugeligen Nodi und Ringscheiben; konische Kuppa mit gerundetem Ansatz; Deckel mit konischem Einsatz und haubenförmiger Schulter, über vier sich verjüngenden Ringscheiben flachkugeliger Nodus und Spitzknauf; Nodi, Kuppa, Deckelschulter und Knauf facettiert VERGLEICHSSTÜCKE: Nationalmuseum Stockholm, Inv.-Nr. NMK 60/1902; Klesse 1965, Nr. 191; Schade 1968, Abb. 44, linkes Glas; Baumgärtner 1987, Nr. 165; Seewaldt 1995, Nr. 113; Jentsch 2004, S. 48, Abb. 26; Fischer 2011, Nr. 67; Żelasko 2014, Nr. 61; Dethlefs 2022, S. 292, Abb. 4; Auk. Fischer 113, Nr. 197; Auk. Ders. 179, Nr. 9, 93; Auk. Schloss Ahlden 187, Nr. 41 109 110

90 111 DREI POKALE MIT RUBINGLASBÄNDCHEN | Böhmen, Anfang 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 13, Kg 247, Kg 42 farbloses Glas mit leicht gelber Tönung, rote Bandeinlage Schliff Kg 13 H 18,8 cm; Dm Lippe 8,7 cm Kg 247 H 20,5; Dm Lippe 8,7 cm Kg 42 H 18,8 cm; Dm Lippe 8,0 cm | FORM: flacher bzw. leicht ansteigender Fuß, Abriss; Balusterschaft mit Ringscheiben, bei Kg 13 und Kg 42 facettiert; Kuppa zwölf- bzw. 14-fach facettiert DEKOR: Baluster mit spiraligen Rubinglasbändern; Kg 247 Baluster mit Kugeln und Fußscheibe unterseitig mit Olivenrosette VERGLEICHSSTÜCKE: F: Klesse 1973 a, Nr. 568; Dies. 1973 a, Nr. 367, 368; Strasser, Baumgärtner 2002, Nr. 271; D: Messner 1967, Abb. 4, 8, 9; Museum August Kestner Hannover, Inv.‑Nr. 2010.110 LITERATUR: Rubinglaseinlage: Chytil 1896, S. 12; Poser 2022, S. 40 f. 111

91 113 POKAL MIT ROTHIRSCHJAGD | Böhmen, um 1710/1720 Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 121 farbloses Glas Schliff, Mattschnitt H 19,4 cm; Dm Lippe 8,7 cm | FORM: flacher Fuß mit umgeschlagenem Rand, Abriss; facettierter Balusterschaft mit Nodus und Ringscheiben; konische Kuppa am gerundeten Ansatz facettiert DEKOR: in einer Baumlandschaft berittener Jäger mit Hirschfänger und Hund bei einer Jagd auf einen Rothirsch, im Hintergrund Gebäude; Fußscheibe mit drei gegenständig symmetrischen Fiederblattranken VERGLEICHSSTÜCKE: D: Fußscheibe: Rückert 1982, Bd. I, Nr. 648 112 POKAL MIT SPIEGELMONOGRAMM »CW« | (Süd-)Böhmen, Anfang 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 116 farbloses Glas, rote Bandeinlage Schliff, Matt- und Blankschnitt H 16,3 cm; Dm Lippe 7,6 cm | FORM: flacher Fuß, Abriss; Schaft aus facettiertem Baluster und Ringscheibe; konische, unten gerundete Kuppa DEKOR: vegetabil gestaltetes Spiegelmonogramm »CW« unter Fürstenkrone, umgeben von gebundenen Palmzweigen, über dem Kuppaansatz und am Lippenrand Bordüre aus Kugeln und Dreiblattornamenten; Schaft mit spiraligen Rubinglasbändern; Fußscheibe unterseitig mit Lorbeerblattkranz KOMMENTAR: Das Monogramm »CW« steht für Christian Wilhelm Fürst von Schwarzburg-Sondershausen (1647–1721 reg. als Fürst ab 1697). VERGLEICHSSTÜCKE: D: Monogramm: Kat. 159; Klesse, Mayr 1987, Nr. 154; vgl. Kat. 74, Kat. 156 und Kat. 147 114 POKAL MIT ZWISCHENGOLDDEKOR | Böhmen, wohl 2. Viertel 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 234 farbloses Glas Schliff, Matt- und Blankschnitt, Blattgold H 20,3 cm; Dm Lippe 9,1 cm Sprünge in Wandung der inneren Kuppa, restauriert | FORM: flacher Fuß, Abriss; Schaft aus kurzem Stängel mit Schnürung und facettiertem Baluster mit eingestochener Luftblase zwischen Ringscheiben; trichterförmige, doppelwandige Kuppa, Lippenrand des inneren Glases auf der äußeren Kuppa aufsetzend DEKOR: zwischen den beiden Gläsern eingeschlossen in Goldfolie Baumlandschaft mit einem Jäger mit Büchse im Anschlag, flüchtendem Hirsch und jagenden Hunden, auf Bäumen Eichhörnchen und Vögel, unter dem Lippenrand Kugelbordüre; äußere Kuppa über dem Ansatz Fries aus Kugeln, Lippenrand des inneren Glases mattiert; Fußscheibe umlaufend mit symmetrischen Fiederblattranken 113 112 114

115 POKAL MIT ADELSWAPPEN | Schlesien oder Böhmen, 1730/1740 Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 127 farbloses Glas mit grauer Tönung Schliff, Matt- und Blankschnitt H 16,8 cm; Dm Lippe 6,6 × 5,5 cm | FORM: flacher Fuß, Schliffmulde; facettierter Balusterschaft zwischen Ringscheiben; achtseitige konische Kuppa mit schalenförmigem Ansatz, vier Schmalseiten konkav DEKOR: zwei verbundene Adelswappen in kartuschenförmigem Schild unter Krone, darunter Maskaron mit Girlande, Kuppa gegliedert in der Mitte und am Lippenrand durch horizontale, gezahnte Querrillen sowie Zickzackrillen am Ansatz; auf den vertikalen Einschliffen und den Balusterkanten jeweils zwei Perlen; Fußscheibe unterseitig mit Oliven-Spindelstrich-Rosette und geperltem Rand VERGLEICHSSTÜCKE: F: Röver 1987, Nr. 221; vgl. auch Kat. 116 116 POKAL MIT FLAKONDECKEL | Böhmen oder Schlesien, 1730/1740 Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 118 Pokal, Kg 638 Deckel farbloses Glas mit grauer bzw. Deckel mit rauchfarbener Tönung Schliff H 20,8 cm; H ohne Deckel 14,6; Dm Lippe 6,1 × 5,3 cm Deckel vermutlich original nicht dazugehörend | FORM: flacher Fuß, Abriss verschliffen; facettierter Balusterschaft zwischen Ringscheiben; achtseitige trichterförmige Kuppa, die vier Schmalseiten konkav; kissenförmiger Flakondeckel mit konischem Einsatz und facettiertem Schraubstöpsel mit Ringscheibe DEKOR: Kuppa durch horizontale Querrillen in der Mitte und am Lippenrand sowie durch Zickzackrillen am Ansatz gegliedert; Fußscheibe mit mattiertem Rand und unterseitig mit Oliven-Spindelstrich-Rosette, Deckelschulter mit Zickzackrillen KOMMENTAR: Die Form war in Schlesien wie in Böhmen populär, der Fuß auch oktogonal oder zwölffach ausgebogen vorkommend. VERGLEICHSSTÜCKE: Schmidt 1927, S. 30, Taf. 46 A (heute Victoria and Albert Museum London); Klesse 1973 b, Nr. 376; Haase 1984, Nr. 74; Röver 1987, Nr. 220; Wiener Kunstauktionen, 28. 9. 1995, Nr. 983 a; Flakondeckel zudem Schlossmuseum Arnstadt, Inv.- Nr. G 0041; Schmidt 1914 b, Nr. 126; Żelasko 2014, Nr. 179, 181; Wierzchucka, Kügler 2016, Nr. 138; vgl. auch Kat. 115 116 115

93 117 DECKELPOKAL MIT FREUNDSCHAFTSDEVISE | Schlesien, 2. Viertel 18. Jh. Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 119 farbloses Glas mit leicht roséfarbener Tönung Schliff, Matt- und Blankschnitt H 20,2 cm; H ohne Deckel 14,5 cm; Dm Lippe 6,1cm | FORM: leicht ansteigender Fuß, Abriss; facettierter Balusterschaft zwischen Ringscheiben; konische Kuppa mit eingezogenem, facettiertem Ansatz; Deckel mit konischem Einsatz und ansteigender, facettierter Schulter; über Ringscheibe eichelförmiger, facettierter Knauf, am Ansatz geschnürt, oben nach Einzug kegelförmig DEKOR: Freundschaftsdevise: zwei aus den Wolken hervorragende Hände im Handschlag unter Gottesauge in Strahlensonne, Landschaft mit zwei flammenden Herzen, Umschrift »Lieblich und fein die freundschaft sol sein«, seitlich eingerollte Fiederblattranken und C-Schwünge, dazwischen symmetrische Blütenarrangements; Lippenrand mattiert, darunter Zickzack-Linienfries mit Kugeln und Punkten, Fußscheibe mit mattiertem Rand und unterseitig mit OlivenSpindelstrich-Rosette KOMMENTAR: Gläser mit Freundschaftsdevisen sind weit verbreitet. Sie findet sich nicht nur auf zahlreichen schlesischen, sondern auch auf böhmischen, sächsischen, thüringischen, hessischen, brandenburgischen, Nürnberger sowie niederländischen und englischen Gläsern mit einem Freundschafts-, Redlichkeits- oder Hochzeitssinnspruch. Untypisch für schlesische Gläser ist der Zickzack-Linienfries am Lippenrand. VERGLEICHSSTÜCKE: F: Schmidt 1927, Nr. 50; Klesse, Saldern 1978, Nr. 115, 126; Żelasko 2014, Nr. 136; Wierzchucka, Kügler 2016, Nr. 32, 39; Freundschaftsdevise: Klesse 1965, Nr. 307; Baumgärtner 1977 b, Nr. 65, 79; Ricke 1981, Nr. 110; Netzer 1986, Nr. 15, 17; Baumgärtner 1987, Nr. 136; Drahotová 1989, Nr. 107; Ritsema van Eck, Zijlstra-Zweens 1995, 369–373, 379, 381; Auk. Fischer 274, Teil 1, Nr. 224 LITERATUR: zur Bedeutung des Handschlags: Beitl 1980, Nr. 33 117 117

124 161 DECKELPOKAL MIT PORTRÄT EINES ROTHIRSCHES | Thüringen, 1735 oder wenig später Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 200 farbloses Glas mit grüner Tönung Schliff, Matt- und Blankschnitt H 33,5 cm; H ohne Deckel 24,1 cm; Dm Lippe 9,6 cm passender, original wohl nicht zugehörender Deckel | FORM: leicht ansteigender Fuß, Abriss; Schaft aus Baluster mit eingestochener großer Luftblase, Nodus und Ringscheiben; konische, unten gerundete Kuppa; Deckel mit konischem Einsatz, hohlem Aufsatzring und leicht ansteigender, um den Knaufansatz eingewölbter Schulter; zwischen jeweils zwei Ringscheiben Hohlkugel, darüber hohler, balusterförmiger Knauf DEKOR: Landschaft mit Felskegel, darauf eine Burg, im Vordergrund Rothirsch mit monströsem Geweih und Inschrift »Anno. 1735. den. 22. Augusti. Haben Ihro Hochfürstl: Durchl: Carl: Alexander Herzog zu Würtemberg diesen: Hirsch in den vor: halden Frickenhäuser: Huth. Kirchheimer Forst geschossen:«; Lippenrand mit Bordüre aus Kugeln, Oliven und Strichen, Deckelschulter mit Kranz aus Blattzweigen und Blüten QUELLEN: Inventar Schloss Schwarzburg 1912, Schreibzimmer Seiner Durchlaucht des Fürsten, Einlage zu Nr. 91, Nr. 56 PUBLIZIERT: Janda 1962, Nr. 226; Thomann 2023, S. 45 f., 49 f. VERGLEICHSSTÜCKE: F: Klesse 1973 a, Nr. 656; Haase 1984, Nr. 36; Dies. 1988, Nr. 232; Hoffmann 1993, Nr. 47 161

162 POKAL MIT WAPPEN VON SCHWARZBURGRUDOLSTADT | Thüringen, vielleicht um 1730/1740 Herkunft: ehemaliger Fürstlich-­ Schwarzburger Besitz Inv.-Nr.: Kg 115 farbloses Glas Schliff, Matt- und Blankschnitt H 20,5 cm; Dm Lippe 10,0 cm | FORM: massiver, dreifach gestufter Fuß, Abriss als Windradrosette verschliffen (sogenannte »Rudolstädter Rosette«); Schaft aus zunächst konischem, dann röhrenförmig auslaufendem Stängel, facettiertem Baluster mit fünf konzentrischen Luftblasenperlen um eine sechste und Ringscheibe; trichterförmige Kuppa mit ebenfalls fünf konzentrischen Luftblasenperlen um eine sechste im massiven Boden DEKOR: in Ovalrahmen Wappen von Schwarzburg-Rudolstadt vor aufgespannter und von einem Baldachin gehaltener Hermelindecke unter Fürstenkrone, zu beiden Seiten gehalten von der Fama, seitlich Inschrift »FLOREAT« und »VIGEAT«, Lippenrand mit Kugelbordüre über Ringlinie KOMMENTAR: Die für Brandenburger Gläser markante Kugelbordüre unter dem Lippenrand findet sich in Thüringen bei zugeschriebenen und signierten Pokalen von Johann Heinrich Balthasar Sang (Drahotová 1991, Nr. 87), Andreas Friedrich Sang (Düsseldorf, Glasmuseum Hentrich, Inv.-Nr. LP 2017-43 a, b; Hörning o. J., Nr. 118), Georg Ernst Kunckel (Drahotová 1991, Nr. 85; Bernt 1950, Nr. 79) und Samuel Schwartz (Arnstadt, Schlossmuseum, Inv.-Nr. G 0053, G 0067; Ricke 1994, S. 79, Abb. 11). An keinen der genannten Künstler scheint der Schnitt des Pokals heranzureichen. Von derselben Hand ist der Schnitt auf einer Flasche mit Reußischem Wappen und gleicher Inschrift ehemals in der Sammlung der Fürsten zu Reuß j. L. (Auk. Christie’s 5957, Nr. 4). Die gleiche Inschrift findet sich zudem bei Auk. Fischer 114, Nr. 189. Die Form des Schaftes ist sehr selten, vgl. Auk. Fischer 285, Nr. 198 A; das Rudolstädter Wappen erkennbar am silbertingierten Schildfuß. VERGLEICHSSTÜCKE: F: Rosette: Kat. 174; TLMH Rudolstadt, Inv.-Nr. G 0017, G 0028, G 0188; D: Wappen: Drahotová 1989, Nr. 189 LITERATUR: Rudolstädter Rosette: Janda 1962, S. 94 f.; Trauthan 2010 a; Ohlms 2010; Poser 2010; Trauthan 2010 b; Poser 2021 a 162 162 162

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