Leseprobe

Signa-Listen als Handreichungen für Novizen 103 q Erlernen der Zeichen auf mündlichem Unterricht basierte. Es ist daher durchaus vorstellbar, dass die Listen im Kloster abgeschrieben und als Lehrmittel verwendet wurden.370 Bei den Zisterziensern kann man anhand von vielen Hinweisen davon ausgehen, dass die Zeichen während des Noviziats gelehrt wurden. Der erste Hinweis findet sich in den Ecclesiastica officia, wo die Pflicht des Novizenmeisters genannt wird, den Novizen mittels Zeichensprache aufzuklären und zu tadeln.371 Die Novizen lernten und beherrschten die Zeichensprache, denn wie ihren cluniazensischen Brüdern stand auch ihnen nach dem Ablegen des Gelübdes für einen verbalen Austausch nur sehr wenig Raum zur Verfügung. Dafür gab es genug Raum für die Zeichensprache, wie bereits im vorherigen Kapitel gezeigt wurde. Man kann aber auch annehmen, dass es zumindest den zisterziensischen Novizen außerhalb des Unterrichts nicht gestattet war, eigenständig die Zeichen zu gebrauchen – sie sollten sie lediglich verstehen können, wenn jemand anderes sie ausführte.372 Mittels Zeichen mit den Mönchen zu kommunizieren, war ausdrücklich verboten.373 Die wichtigsten zisterziensischen Listen – die vermutlich auch als Hilfsmittel für Novizen bzw. für den Novizenmeister dienten – verzeichnen die grundlegenden Zeichen, die die Novizen lernen sollten, da sie diese bereits während des Noviziats brauchten, aber vor allem später als Mönche, wenn sie dann ihre Grundkenntnis um weitere Zeichen erweiterten. Während des Unterrichts ging es darum, die Zeichen des Novizenmeisters zu wiederholen und einfache Mitteilungen zu üben. In diesem Geiste wurden die meisten zisterziensischen Listen der Kategorie Siquis verfasst, wo in der Einleitung steht: »et lectio sibi signet carmine multa.« Die Verse sollten nicht nur gelesen oder auswendig gelernt werden, sondern man sollte sie auch qua Zeichensprache vorzeigen können. Und das musste geübt werden.374 In den Listen, aber auch in anderen Quellen, finden sich keinerlei Hinweise, wie man die Zeichen lernen sollte. Wer die Zeichen kannte und verwendete, dem musste nichts erklärt werden.375 Diese Herangehensweise ist nichts Besonderes, sie hat mehr oder weniger bis ins 20. Jahrhundert überlebt. Auch in den Statuten der Zisterzienser der strengeren Observanz finden sich keine praktischen Hinweise bezüglich des Erlernens der Zeichen.376 Die wichtigsten Informationen zur Ausführung der Zeichen wurden und werden mündlich überliefert und man lernte sie durch praktische Anwendung. Den Unterricht der Novizen, ob in der Zeichensprache oder anderen wichtigen Angelegenheiten, leitete vermutlich der Prior oder später dann der Novizenmeister. Die Novizen lernten anhand seiner Ausführungen und durch Nachahmung.377 Zum Erlernen der Zeichensprache konnten kurze Listen erstellt werden, damit die Zeichen wiederholt werden konn370 Bruce 2007 a, 70. 371 EO 113,1. 372 Zum gleichen Schluss kommt auch Breitenstein. Seine Hypothese ist, dass die Zisterzienser dadurch das Aufweichen der Schweigevorschrift verhindern wollten und das auch mittels der Zeichen. Vgl.: Breitenstein 2008, 253. 373 EO 102,14. 374 Vgl.: Gougaud 1929, 9. 375 Bruce 2005, 276. 376 Die letzte Signa-Liste wurde 1934 in den Consuetudines publiziert. Siehe: Us des Cisterciennes. 377 Zur Ausbildung der Novizen auf diese Art: Cochelin 2000.

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