q 102 Die Signa-Listen dung stand für den Neuanfang und das Gelübde für Standhaftigkeit und Gehorsam.364 Während des gesamten Noviziats, das meist ein Jahr dauerte, unterlagen die Novizen strengen Schweigeverordnungen. Laut Liber tramitis, den cluniazensischen Gewohnheiten aus dem 11. Jahrhundert aus Farfa, war es Novizen verboten, ohne Erlaubnis und spontan zu sprechen.365 Außerdem musste bei jedem Gespräch stets der Novizenmeister anwesend sein. Eine symbolische Bedeutung erhielt das Lernen, in der Stille zu leben, durch das Mönchsgelübde. Dauerhaft war dann dieser Akt durch das Tragen der Kapuze symbolisiert, die der neue Mönch mit dem Ablegen des Gelübdes bekam und die ein untrennbarer Teil des Gewands war. Nach einer Beschreibung, die in den Verordnungen Papst Gregors überliefert ist, bedeckte der Anwärter noch als Novize am ersten Tag der Zeremonie seinen Kopf mit einer Kapuze. So verbrachte er die folgenden drei Tage, ohne dabei ein einziges Wort zu sagen.366 Nach drei Tagen rief ihn der Abt zu sich mit den Worten »Pax vobis« und nahm ihm die Kapuze ab. Und aus der Stille heraus kam ein neuer Mönch, kein Novize mehr.367 Die drei Tage in Stille symbolisierten die drei Tage nach der Kreuzigung Christi, in denen sich die Apostel zurückgezogen haben sollen. Auch wenn sich im Liber tramitis kein Hinweis darauf findet, lässt sich analog zu späteren Consuetudines annehmen, dass man die Zeichen gleich nach dem Eintritt ins Noviziat lernen sollte. Ihre Kenntnis war eine Voraussetzung für die vollständige Teilnahme am Leben in der Stille. Die Beherrschung der Zeichensprache gehörte zu den wichtigsten Fertigkeiten, die die cluniazensischen Novizen erwerben sollten.368 Die Consuetudines von Bernhard von Cluny drücken dies klar aus: »Er muss auch sorgfältig die Zeichen lernen: mit denen er gewissermaßen spricht, während er schweigt, denn, nachdem er mit dem Konvent vereint ist, ist es ihm sehr selten erlaubt zu sprechen; und solchermaßen gibt es innerhalb der Mauern Räume, für die es von unseren Vätern überliefert und festgestellt wurde, dass andauernd Stille herrschen soll, nämlich in der Kirche, dem Schlafsaal, dem Refektorium und der Mönchsküche.«369 Ähnlich wie Bernhard erwähnt auch Ulrich die Zeichen in Verbindung mit dem Noviziat. Doch jegliche weiteren Informationen dazu fehlen bisher. Zur Zeit des Abtes Hugo stieg die Zahl der Novizen in Cluny rasant, daran musste auch der Verlauf der Vorbereitungszeit angepasst werden. Dies führte dazu, dass die im Kloster geltenden Gewohnheiten schriftlich festgehalten wurden – die beiden Consuetudines Bernhards und Ulrichs stammen aus dieser Zeit, dem ausgehenden 11. Jahrhundert. Die Niederschrift der Zeichen in den Listen sorgte für deren Einheitlichkeit in allen Klöstern. Doch dies ändert nichts daran, dass das 364 Zu den symbolischen Akten: Constable 1987, 808–816. 365 Liber tramitis aevi Odilonis abbatis 18 – Dinter 1980, 208. 366 Wie wir im vorherigen Kapitel gesehen haben, symbolisierte die Kapuze das Einhalten der Stille. Einen Mönch anzusprechen, der eine Kapuze trug, war strengstens verboten. 367 Bruce 2007 a, 68, mit dem Hinweis auf Ex decreto beati Gregorii papae. Ed. Constable 1966, 567–577, 575–576. Der Ablauf dieser Zeremonie ist auch aus anderen Klöstern bekannt. 368 Breitenstein 2008, 72 a 124. 369 ConsBern 1, 17, 169; vgl.: ConsUdal, II, 3, col. 703° (Opus quoque habet ut ſigna diligenter addiſcat: quibus tacens quodammodò loquatur, quia postquam adunatus fuerit ad Conventum, licet ei rariſſime loqui; & tales in clauftro Officina ſunt, in quibus traditum eſt à Patribus noſtris & præfixum, ut perpetuum filentium teneatur, id eſt, eccleſia, dormitorium, refectorium & coquina regularis.).
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