Leseprobe

 17 q 1953 ist ein Werk entstanden, dessen relativ bescheidene Resonanz bei Weitem nicht die Arbeit des Autors würdigt. Van Rijnberk wollte alle Lemmata aus allen ihm bekannten Zeichenlisten vergleichen, darunter auch einige bis dahin unveröffentlichte Listen in den jeweiligen Landessprachen. Er versammelte zwanzig verschiedene Zeichenlisten aus dem Umfeld der Benediktiner, Zisterzienser, Regularkanoniker und Trappisten, erstellte eine alphabetische Liste aller Lemmata mit der jeweiligen Beschreibung der Zeichen aus allen verwendeten Listen. Der Einheitlichkeit halber entschied er sich für Latein als Sprache und übersetzte folglich die in den Landessprachen verfassten Listen ins Lateinische. Es handelt sich damit um ein komplettes, komparativ angelegtes und alphabetisch geordnetes Zeichenverzeichnis der Listen ab dem 11. Jahrhundert.23 Allerdings ist das Werk erst posthum erschienen, und der Autor konnte seine letzten Korrekturen nicht mehr durchführen, was einige Ungenauigkeiten erklärt. Eine davon ist die ungleiche Verwendung von Manuskripten und edierten Zeichenlisten. So sind einerseits zwei Manuskripte einer Zeichenliste getrennt im Verzeichnis behandelt worden, andererseits wurde an anderer Stelle die Edition als Ausgangstext genommen, in der zwischen den beiden Manuskripten unterschieden wird. Walter Jarecki kritisierte vor allem die vorgenommene Übersetzung anderssprachiger Listen ins Lateinische, die zudem mit keinem Wort erwähnt wurde, sowie das Verschwinden der Informationen über die ursprüngliche Reihenfolge der Lemmata in den jeweiligen Listen zugunsten der einheitlichen alphabetischen Einordnung.24 Trotz dieser berechtigten Kritik sollte man das Van Rijnberk’sche Werk nicht unbeachtet lassen und es – mit dem Wissen um dessen Mängel – dennoch verwenden, denn die Anzahl der hier zusammengetragenen Zeichen ist in der Tat beeindruckend. Zwar weisen etliche Studien auf diese Arbeit hin, doch nur sehr wenige Autoren nehmen sie dabei wirklich zur Hand. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass sich bis jetzt nur sehr wenige Forscher mit der Analyse der Zeichen, deren Struktur und Bildung, in den jeweiligen Listen befasst haben und deswegen auf den Gebrauch des Verzeichnisses verzichteten. Ein weiterer Grund kann auch die nicht ganz so einfache Zugänglichkeit des Verzeichnisses sein. Die Einleitungsstudie wurde zwar im Sammelwerk Monastic Sign Language abgedruckt, jedoch ohne einen Hinweis auf das Verzeichnis selbst. Ohne genau nachzuschauen kann es leicht passieren, dass man es übersieht.25 In seiner Studie erkannte Van Rijnberk, dass es bei der Zeichensprache eben nicht um die Entwicklung eines neuen Kommunikationsmittels ging, sondern dass sie als Werkzeug für bestimmte Situationen diente, in denen man sich ver23 Van Rijnberk verwendete Lemmata aus folgenden Listen bzw. von folgenden Autoren: Bernhard von Cluny, Monasteriales indicia, Sion, Ulrich von Zell, Grammontenser Liste, Liste der Augustinerchorherren vom heiligen Victor, Hirsauer Liste, Liste aus St. Jakob in Lüttich, aus Le Jardinet, zwei spanische Listen, zwei zisterziensische Listen der Gruppe Ars (anhand der Manuskripte aus dem Klöstern Tamié und Paris), eine Trappisten-Liste nach Abbé Rancé, die Liste aus dem Kloster Loccum in den Leibniz’schen sowie Griesser’schen Editionen, eine andere von Leibniz edierte Liste, die Griesser’sche Edition der zisterziensischen Siquis-Listen und eine Liste aus dem portugiesischen Alcobaça. 24 Mehr zu den Kritikpunkten: Jarecki 1981, 9, Anm. 9 korrigiert die wichtigsten Verfehlungen: a) ungenaue Bibliografie (vlg. Becquet 1954, 193); b) ungenaue Anzahl der Lemmata in einzelnen Listen; c) Übersetzung der Liste aus den Landessprachen ins Lateinische ohne einen Hinweis darauf – diese Texte kann man nicht mit anderen in Latein verfassten ohne Weiteres vergleichen; d) an vielen Stellen wurde nicht genau zwischen den Texten unterschiedlicher Listen differenziert, und die Reihenfolge wurde geändert; e) die Grammontenser Liste wird als 1/2.6 bezeichnet, obwohl die Bezeichnung 1/2 sich auf Bernhards Consuetudines bezieht. 25 Aus diesem Grund könnten viele Forschende den Eindruck bekommen, der Hinweis auf das Van Rijnberk’sche Werk von 1953 bezöge sich eben auf seine Einleitungsstudie. Im Nachdruck wird das Verzeichnis mit keinem Wort erwähnt, und die Erstausgabe ist so gut wie nicht zu bekommen.

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