q 16 Zeichensprache als Forschungsgegenstand der Geschichts- und Sprachwissenschaft Regula Benedicti, das Gebräuchebuch der Zisterzienser Ecclesiastica Officia, aber auch Prophezeiungen oder kurze Anekdoten. Zudem kannte er die damals noch aktiv genutzte Liste der Trappisten, anhand derer er die Grundlagen der Verwendung der Zeichensprache unter den Mönchen beschreiben konnte. Bereits Müller erkannte in den zisterziensischen Listen die Kontinuität zwischen den mittelalterlichen und den heutigen Zeichen.18 Die weitere Entwicklung betrachtend kann man sagen, dass grundlegende Studien und Listeneditionen entweder in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder – mit einigen wenigen Ausnahmen – erst wieder ab den 1980er Jahren veröffentlicht wurden. Dass sich das Wissen um die Zeichensprache der Zisterzienser verbreitete, ist vor allem zwei Editionen zu verdanken, nach denen die Listen in zwei Hauptgruppen geteilt werden – Ars und Siquis. 1938 publizierte Anselme Dimier eine Signa-Liste anhand der Manuskripte aus französischen Klöstern.19 Keine zehn Jahre später legte Bruno Griesser die bereits erwähnte entscheidende Edition der zweiten Gruppe der zisterziensischen Listen vor, die als Siquis bezeichnet werden. Alle bis dahin veröffentlichten Zeichenlisten stammen aus Männerklöstern. Von den Benediktinerinnen sind bis heute keine solchen Listen bekannt, von den Zisterzienserinnen kommt eventuell die 1951 von Van Rijnberk veröffentlichte Zeichenliste infrage.20 Bleiben wir aber noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Obwohl diese Zeit stark von den beiden Weltkriegen gezeichnet war, sind in der Zwischenkriegszeit eine ganze Reihe von Studien und Editionen auch zu anderen als den zisterziensischen Zeichenlisten erschienen. 1923 beschäftigte sich Paulus Volk mit der benediktinischen Zeichenliste aus dem Kloster St. Jakob in Lüttich; anhand dieser Edition entstand dann eine sehr interessante Studie zur Zeichensprache von Louis Gougaud.21 Gougaud knüpft hier an die Tradition Müllers an, doch bei der Beschreibung der Zeichen taucht er noch tiefer in die Geschichte hinein und sucht erste Hinweise in den Werken von Pachomius, Cassiodor sowie Hrabanus Magnus, aber auch in Cluny selbst. Er untersucht die Zeichen aus den Listen anhand ihrer Bildung und Ähnlichkeit mit dem dargestellten Gegenstand und beschäftigt sich mit der Frage, warum ein bestimmtes Zeichen so und nicht anders dargestellt wurde. Was die Frauenorden betrifft, so wurden vor allem die Birgitten erforscht. Ansgar Nelson veröffentlichte eine Studie über das schwedische Kloster Vadstena sowie die Edition der dortigen Zeichenliste, die stark von der zisterziensischen Tradition und der Zeichenliste Siquis beeinflusst wurde, wie auf den nächsten Seiten der hier vorliegenden Studie noch gezeigt wird.22 18 Die Zeichen der Trappisten waren bekannt und wurden publiziert als Teil der Anordnungen des Generalkapitels bzw. zur Zeit der Entstehung des Ordens als Teil der Reformbewegung. Zu der am häufigsten benutzten Liste: Verner 2005. 19 Eine moderne Edition stammt von Jarecki, siehe: Jarecki 1988. Dimier zeigte allerdings schon 1938, in welche Richtung die Forschung weiter gehen sollte: »Une histoire des signes monastiques reste encore à faire, où l’on étudierait leur origine et leur formation, leur évolution et leur transformation nées de la confusion et des traditions particulières, l’introduction de nouveaux signes selon les besoins des temps, comme aussi l’abandon de certains autres devenus superflus.« (Dimier 1938). 20 Van Rijnberk 1951. Doch wie die Analyse im Kapitel 3 zeigt, handelt es sich auch hier um eine Liste aus einem Männerkloster. 21 Gougaud 1929. 22 Nelson 1935.
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