Leseprobe

Paul Rietzl & Christoph Emmendörffer

Text Christoph Emmendörffer & Paul Rietzl Zeichnung Paul Rietzl

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172 Hainhofer war stolz darauf, Bürger der Reichsstadt Augsburg zu sein. Er war Mitglied im Großen Rat und bekleidete öffentliche Ämter. Gebildet und vielseitig interessiert, war er ein großer Förderer der Künste, vor allem der Augsburger Kunsthandwerker. Wie der Großteil der Stadtbevölkerung war er protestantisch. Sein vermittelndes Wesen machte ihn auch für Katholiken zu einem geschätzten Handels- und Gesprächspartner. Als 1632 König Gustav Adolph von Schweden mit seinen Truppen vor Augsburg stand, um die in ihrem Glauben unterdrückte evangelische Bevölkerung zu befreien, spielte Hainhofer eine wichtige Rolle bei der kampflosen Übergabe der Stadt. In seinem Tagebuch schilderte er die dramatischen Ereignisse. Mit Geschick erreichte er, dass der Rat von ihm einen prächtigen Kunstschrank als Geschenk für den Schwedenkönig erwarb. Das Wunderwerk befindet sich heute in Uppsala nördlich von Stockholm. Mit Abzug der Schweden im Jahr 1635 und der erneuten Rekatholisierung Augsburgs verlor er alle Ämter und Privilegien. Hainhofer starb 1647 in ärmlichen Verhältnissen. Das Ende des Dreißigjährigen Kriegs und den Westfälischen Frieden von 1648, der den Augsburger Protestanten die Glaubensfreiheit brachte, erlebte er nicht mehr. Philipp Hainhofer wurde am 21. Juli 1578 in Augsburg als elftes Kind des Kaufmanns Melchior Hainhofer und seiner Frau Barbara, geb. Hörmann, geboren. 1594 ging er nach Italien, um in Padua, Bologna und Siena Jura zu studieren. Nach Aufenthalten in Köln, Amsterdam und Norddeutschland arbeitete er in Augsburg im Familienunternehmen, das mit Textilien und Luxusgütern handelte. 1601 heiratete er Regina Waiblinger. Hainhofer spezialisierte sich auf den Handel mit Kunst, Büchern und Luxuswaren. Er hatte gute Kontakte zu den Medici in Florenz, zur französischen Krone und zum Münchner Hof. 1610 begann seine Tätigkeit für Herzog Philipp II. von Pommern-Stettin, dem er als Korrespondent, Kunstagent und Diplomat diente. Berühmt wurde sein für den Herzog konzipierter Pommerscher Kunstschrank, den er 1617 persönlich nach Stettin auslieferte. Seit 1613 stand er in engem Kontakt zu Herzog August d. J. zu Braunschweig-Lüneburg. Nach Hainhofers Tod übernahm dieser seinen schriftlichen Nachlass, der sich heute in Wolfenbüttel befindet. Nur wenige Schriftstücke Hainhofers, u. a. sein Tagebuch der schwedischen Besatzung Augsburgs von 1632 bis 1635, sind heute noch in Augsburg erhalten.

173 Paul Rietzl, geboren 1986, ist freiberuflicher Illustrator und Comiczeichner. Er absolvierte nach seinem Schulabschluss eine Lehre zum Glas- und Porzellanmaler und zog dann nach Augsburg, um Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Illustration zu studieren. Nach seinem Masterabschluss ließ er sich ebenda als freiberuflicher Illustrator und Grafikdesigner nieder. Einige Jahre später zog er schließlich nach München und konzentrierte sich immer stärker auf Comics. Im Jahr 2016 erschien seine illustrierte Sci-Fi-Geschichte Shipwreck als Buchrolle bei Round Not Square (Berlin). 2021 folgte die erste Graphic Novel, beauftragt vom Maximilianmuseum Augsburg, Augsburg 1521, bei Bunte Dimensionen (Augsburg). Deren deutlich umfangreicherer inoffizieller Nachfolger Erlösung liegt nun vor. Christoph Emmendörffer und Paul Rietzl arbeiteten dafür knapp ein Jahr an Text und Zeichnungen. Christoph Emmendörffer, geboren 1965, leitet seit 1998 das Maximilianmuseum Augsburg. 2014 veröffentlichte er im Ausstellungskatalog Wunderwelt. Der Pommersche Kunstschrank Philipp Hainhofers Tagebuch der schwedischen Besatzung Augsburgs von 1632 bis 1635, auf dem die Graphic Novel Erlösung basiert. Die Handschrift befindet sich in der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg. Der Kunsthistoriker übertrug den frühbarocken Text in modernes Deutsch und lieferte die historischen und kunstgeschichtlichen Hintergrundinformationen zu Hainhofers Bericht. Die Stiftung ars et studium, gegründet 2017, hat sich zum Ziel gesetzt, Forschungsprojekte und deren Autorinnen und Autoren zu fördern, die sich mit herausragenden Arbeiten im Bereich der Kunstgeschichte, Archäologie und der Kulturwissenschaften wichtigen Themen dieser Disziplinen widmen. Dabei geht es vorrangig um Vorhaben, die ohne eine solche Unterstützung nicht oder nur unzureichend wissenschaftlich bearbeitet und publiziert würden. Mit der Graphic Novel Erlösung. Augsburg im Dreißigjährigen Krieg, meisterlich gezeichnet von Paul Rietzl, das die kampflose Übergabe der Reichsstadt Augsburg an König Gustav II. Adolph von Schweden im Dreißigjährigen Krieg zum Inhalt hat und auf den Tagebuchaufzeichnungen des Kunstagenten Philipp Hainhofer beruht, die von Dr. Christoph Emmendörffer ediert und in eine moderne sprachliche Version gebracht wurden, soll in einer zeitgemäßen Form ein wichtiges Kapitel der Geschichte Augsburgs dargestellt werden, das sich zudem eng mit dem 2023 gefeierten 450. Geburtstagsjubiläum des Augsburger Stadtwerkmeisters Elias Holl verbindet. Die Stiftung ars et studium geht damit bewusst einen anderen Weg der wissenschaftlichen Bearbeitung eines bedeutenden historischen Themas, um gerade auch jüngere Leserinnen und Leser anzusprechen und dafür zu interessieren. Dr. Christina von Berlin, im Namen des Stiftungsrats

Im Jahr 1632 tobt in Deutschland der Krieg zwischen Katholiken und Protestanten. Mit dem Eingreifen König Gustav Adolphs von Schweden zugunsten seiner evangelischen Glaubensgenossen geraten die zuvor siegreichen Feldherren des katholischen Heiligen Römischen Kaisers in die Defensive. Schließlich steht der Schwedenkönig mit seiner Armee vor den Toren der Stadt Augsburg und fordert die Kapitulation. Der angesehene Kunsthändler und Diplomat Philipp Hainhofer hofft, eine Schlacht durch kluge Verhandlungen abwenden und die Stadt unversehrt in die Hände der Schweden legen zu können. Mit ihm hofft die gesamte evangelische Bürgerschaft auf ihre Erlösung. Aber auch die Katholiken in der Stadt, die sich dem Kaiser verpflichtet fühlen, hoffen, ihre Leben und Besitztümer schützen zu können. Während die bayerischen Truppen auf den Mauern in Stellung gehen, spitzt sich die Stimmung in der Stadt zu.

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