würdigen könnte,1 sticht der des bekannten Musikverlegers und Typografen Johann Immanuel Breitkopf besonders hervor. Auch wenn mit seinem Namen bis heute eher Partituren für das Klavier verbunden werden, widmete Breitkopf viele Jahre seines Lebens der chinesischen Schriftkultur sowie dem chinesischen Papier. Größtes Aufsehen erregte der laut Zeitzeugen immer unruhige und tüftelnde »Greis« über Leipzig hinaus im Jahr 1789 mit einer Erfindung, die man lange für unmöglich hielt: Er entwickelte als Erster bewegliche Typen, die den Druck chinesischer Schriftzeichen erlaubten. Dazu veröffentlichte er eine Druckprobe von zunächst 15 Zeichen, die Breitkopf in Grundformen wie Linien, Punkte oder Kommata zerteilt hatte. Durch geschicktes Kombinieren dieser Grundformen, so pries er an, könne nun »jeder sinesische Buchstabe« im Druck dargestellt werden.2 Breitkopf hatte dem Buchdruck mit chinesischen Zeichen damit eine ungeahnte Zukunft eröffnet.3 Sein persönlicher Hang zu den Schriftzeichen war eine Motivation, seinem Interesse an effizienten und innovativen Druckverfahren aber fühlte sich der pfiffige Tüftler noch mehr verpflichtet (Abb. 2). Vom Ursprung der Spielkarten Doch an welchem Punkt begegneten sich nun die bis dahin offenbar getrennten Welten des Buchdruckers Breitkopf und des Apothekers Johann Heinrich Linck d. J.? Seit 1781 trug sich Breitkopf mit der Veröffentlichung einer großen Studie über chinesisches Papier, die er in mühevoller Recherchearbeit zusammengetragen hatte. Darauf aufbauend, schloss er eine Untersuchung über den Ursprung der Spielkarten an, den man lange Zeit in Frankreich vermutete. Der Verleger sah dies jedoch anders und versuchte zu beweisen, dass auch bei den Spielkarten China der Ausgangspunkt einer fulminanten Entwicklung gewesen wäre. 1784 setzte er den Druck seiner Schriften in die Tat um und veröffentlichte in Leipzig den Band Versuch, den Ursprung der Spielkarten, die Einführung des Leinenpapieres und den Anfang der Holzschneidekunst in Europa zu erforschen (Band 1): Die Spielkarten und das Leinenpapier.4 Das Kürzel dieses Bandes ist auch in der linken unteren Ecke auf der Lithografie in dem Schriftzug »v. Urspr. d. Spielk:« zu erkennen. An Argumenten, scharfsinnigen Beobachtungen und Thesen mangelte es Breitkopf nicht, wohl aber an authentischen Zeugnissen früher chinesischer Spielkarten. Deshalb wurden die Kunst- und Wunderkammern mit ihren Asiatika für Breitkopf zu einer wahren Goldgrube. Ein Blick in den Linck-Index von 1787 bestätigt, dass sich unter den »Kunstsachen« nicht weniger als 30 Arten von Tuschen mit aufgeprägten Bildern in runder, länglicher und achteckiger Form,5 verschiedene Bögen weißen chinesischen Papiers6 und zwei Exemplare chinesischer Spielkarten befanden, die sich in ihrer Form (»eine der ersten Arten von Karten« und »Dergleichen etwas schmäler und länger sind«) unterschieden.7 Wenn auch nicht klar ist, woher Linck diese Stücke bezogen hatte,8 ließ sich damit einiges über die Schrift- und Spielkultur Chinas sagen. Bedauerlich war nur: Breitkopf hatte die für ihn so interessanten Spielkarten erst entdeckt, als seine Studie in den Hauptzügen bereits fertig war. Für sein gedrucktes Werk konnte er die Stücke aus der LinckSammlung nur noch in seinen Nachbemerkungen aufnehmen, die aus heutiger Sicht aber keinesfalls weniger von Bedeutung sind. 525
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