Leseprobe

Morosi« oder magische Geistermaschine (Abb. 1).7 Vermutlich war der Absatz über eine Anzeige in einem regionalen Intelligenzblatt überschaubar. Mehr Leser mussten her, und so wurde im September 1792 im überregional überaus erfolgreichen und auflagestarken Journal des Luxus und der Moden die geheimnisvolle Maschine angeboten: »Eine Machina metamorphosica Phantarmorosi, oder magische Geistermaschine, womit man auf jeden Saal, oder in jedem Zimmer, Geister, als verstorbene Freunde, und sonst andere gelebte Personen hervorbringen, sie besprechen; selbst vernichten, widerum citiren, und sonst noch sehr viele metaphisische Ergötzungen damit machen kann, um dadurch nach und nach den Aberglauben der Gespenstergeschichten gänzlich auszurotten: 1 kleine Maschine 5 Rthlr. [Reichstaler], 1 größere Maschine 10 Rthlr., 1 mittlere große 16 Rthlr., 1 ganz große 20 Rthlr.«8 Von der physikalischen Täuschung zum Spielzeug Nürnberg war in den letzten zwei Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts Schauplatz einer neuen Gattung von Spielzeug, dem physikalischen Spielzeug. Ausgehend von den Ideen Peter Friedrich Catels in Berlin aus einem aufklärerischen Umfeld heraus – eben jenem, welches Philidor zuvor den Weg aus der Stadt gewiesen hatte –, wurde Nürnberg ab 1780 Herstellungsmittelpunkt für physikalisches Spielzeug. Catel verwandelte das Durcheinander der verschiedenen Maßstäbe bei Puppen und Holzspielzeug in einen einheitlichen Standard. Zudem arbeitete Catel daran, komplexe physikalische Instrumente in erschwingliche Spielzeuge umzuwandeln, ohne ihre praktische Funktion aufzugeben. Mit der Ausführung wurden Nürnberger Werkstätten beauftragt.9 Die Endprodukte wurden über sogenannte Nürnberger Läden wie dem von Catel in Berlin vertrieben, ab 1790 gab es zudem bebilderte Spielwarenkataloge. Heinrich Marcus Brunner war noch ganz in jahrhundertealten Handwerkerstrukturen verhaftet, der Herstellung von Instrumenten und deren Vertrieb aus einer Hand. Mit den überregional äußerst erfolgreichen Spielwarenkatalogen Catels in Berlin und Georg Hieronimus Bestelmeiers in Nürnberg kam Brunner an die Grenzen des Eigenvertriebs. Die Katalogmacher waren innovative Kaufleute, die Herstellung und Vertrieb trennten, gleichzeitig über Messeteilnahmen, Verkaufsanzeigen in überregionalen Magazinen oder die bebilderten Kataloge mit allen Registern eines modernen Marketings aufspielten und Werkstätten wie Brunner die Daseinsgrundlage entzogen. Brunner musste sich ihrer Marktmacht beugen und übergab den Vertrieb seiner Instrumente, darunter den Geisterkasten, an Bestelmeier. Umgehend erschienen in dem regelmäßig um Neuheiten ergänzten Magazin von verschiedenen Kunst- und anderen nützlichen Sachen Brunners Instrumente im fünften Band von 1797. Unter der Artikelnummer 528 wurde der Kasten abgebildet und beschrieben: »Das Zaubergrab, oder die Todtenerstehung. Dieses ist eine neue Maschine zur Geistererscheinung, durch welche in jedem Zimmer, im Dunkeln, ein Geist in Lebensgröße hervorgebracht werden kan. [...] Dieses Experiment kan ohne sonderliche Zubereitung sogleich in jedem Zimmer, Saal, Garten sc. angestellt werden. Das Grab, welches die Maschine enthält, ist 18 Zoll lang, 8 breit und 7 hoch [450 × 200 × 175 mm], schön lakirt, und kostet mit 6 Figuren 7 fl. [Gulden] 30 kr. [Kreuzer] Kiste 30 kr.«10

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