Zeitungsannoncen über zum Verkauf stehende »Raritätenkabinette«, die eher Universalsammlungen waren und in der Mitte des 19. Jahrhunderts für einige Museen den Gründungsimpuls bildeten,15 weisen auf diese früheren Intentionen hin. Der späterhin zunehmend verfolgte Schwerpunkt auf naturkundliche Sammlungen verdankte sich sicher auch der wichtigsten helfenden Hand des Fürsten, dem Forstsekretär und späteren Oberförster Gustav Adolf Gieße. Ihm oblagen lange Zeit auch Aufbau und Pflege der Waldenburger Sammlung. Über ihn kam 1839 der Kontakt zum Apotheker Carl Ferdinand Reichel aus Hohenstein zustande, der eine kleine Mineraliensammlung ohne genau überlieferte Stückzahl an den Waldenburger Fürsten verkaufte. Nur kurze Zeit später folgte ebenfalls aus der Hand Reichels ein außergewöhnliches Herbar mit 7 843 Herbarbelegen in Papierbögen. Im gleichen Jahr erwarb der Fürst eine Insektensammlung von Karl Gerhardt aus Leipzig mit rund 10 000 Arten in etwas mehr als 18 000 Exemplaren. Kurz darauf folgte die umfängliche Vogelsammlung des Bäckermeisters und Hobbyornithologen Carl Ferdinand Oberländer aus Greiz mit über 1 000 Tieren einheimischer und exotischer Arten. Weitere Vogelpräparate exotischer Arten kamen durch den Dresdener Missionar Christian Gottlieb Teichelmann aus Australien in das Naturalienkabinett. Die aus heutiger Sicht mit Abstand wichtigste und umfangreichste Anschaffung war jedoch der Ankauf des barocken Naturalien- und Raritätenkabinetts der Leipziger Apothekerfamilie Linck mit über 13 000 Objekten, der nach über einjähriger Verhandlung zu äußerst günstigen Konditionen zustande kam.16 Diese Sammlung, die zwischen 1670 und 1807 über mehrere Generationen zusammengetragen wurde, fiel schon bei ihrer Begutachtung durch zahlreiche Einzelstücke auf, wie sie auch den Fachexperten dieser Zeit »noch nicht vorgekommen waren«.17 Und obwohl diese Sammlung mit Namen solch berühmter Sammler und Forscher der Wissenschaftsgeschichte wie Maria Sibylla Merian, Peter Simon Pallas, Andreas Gärtner, Johann Kunckel oder Georg Forster aufs Engste verbunden war, blieb der Umgang mit den Objekten von klarem Pragmatismus geprägt. Beispielhaft zeigt sich dies an den zahlreichen Umarbeitungen von in Alkohol konservierten Präparaten in Stopfpräparate oder auch in der Entsorgung von Stücken, die in einem äußerst vernachlässigten Zustand gewesen sein müssen. Einige wurden einfach durch neue Präparate ersetzt. Man könnte auf den ersten Blick den Eindruck gewinnen, dass die Waldenburger Sammlungen im Grunde von Laien zusammengetragen wurden, ja dass eher Glück und Verhandlungsgeist als gezielte fachliche Expertise und genaue Auswahl maßgeblich für den Sammlungsaufbau waren. Nicht unterschätzen sollte man dabei das große Netzwerk des Fürsten und seines Forstsekretärs Gieße zu einschlägigen Sammlern, Experten und anderen weltläufigen Personen, das eine hohe Qualität der fürstlichen Sammlung gewährleistete: So war der Apotheker Reichel nicht nur Mitglied Naturwissenschaftlicher Gesellschaften wie der zu Jena, sondern auch ein Fürstlicher Komplex aus Reithalle, Museum und Marstall aus der Vogelperspektive, Aufnahme vor 1945; Archiv Museum Naturalienkabinett Waldenburg 1 31
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