Leseprobe

84 84 Ich kam in Berlin am Schlesischen Bahnhof an und bahnte mir den Weg zum Anhalter Bahnhof, von wo aus ich einen Zug nahm, der am nächsten Morgen Dresden erreichte. Das Wohnhaus an der König-Albert-Straße, in dem Tadek Beutlich ein Zimmer gemietet hatte, war nicht schwer zu finden. Aus irgendwelchen Gründen hatte Zenek allerdings nicht gewollt, dass ich Tadek über mein Kommen vorab benachrichtigte, sodass ich nun nicht sicher war, wie mein alter Kumpel mich empfangen würde. Ich hätte mir jedoch keine Sorgen machen müssen. Seine Vermieterin öffnete die Tür. Ich stellte mich vor und bat sie, mich Herrn Beutlich anzukündigen, was sie auch tat – und plötzlich stand Tadek da, noch im Schlafanzug, mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Er hieß mich mit offenen Armen willkommen und stellte auch gleich die nachvollziehbare Frage, was mich nach Dresden führte. Genauso nachvollziehbar war, dass ich ihm den wirklichen Grund nicht sagen konnte. Ich hatte aber sogleich eine gute Antwort parat. Ich sagte ihm, ich wolle der deutschen Einzugsbehörde in Poznań entgehen und hoffte, den Krieg in Dresden aussitzen zu können. Er schmunzelte und sagte, dass das Studium in der Akademie auch ihm die Gelegenheit gebe, sich von der Wehrmacht fernzuhalten. Er war damit einverstanden, sein Zimmer mit mir zu teilen, bis ich eine vernünftige Arbeit und eine eigene Unterkunft gefunden hatte. Ungefähr ein oder zwei Tage nach meinem Einzug bei Tadek ging ich zu der Adresse, die Zenek mir bei unserem letzten Treffen gegeben hatte. Die Kanalgasse, die in der Nähe des Postplatzes in der Innenstadt lag, war eine kurze, schmale Gasse mit schmalen Häusern, die meisten ziemlich vernachlässigt und alt Erste Schritte in Dresden

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