Leseprobe

65 DRAUSSEN VOR DER TÜR: HEIMATERKUNDUNG IN ÖL andschaft mit Künstleraugen zu sehen, das bedeutet, Natur vor allem unter ästhetischen Gesichtspunkten zu betrachten. Der Darstellung erhabener Berge, stürmischer See oder weiter Himmel ging stets ihre Wahrnehmung voraus. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zog es viele Landschaftskünstler ins Freie. Zwar ist schon seit Jahrhunderten auf der für viele Kunstschaffende obligatorischen Italienreise in der Natur gezeichnet worden, doch nun wurde im Freien gemalt. Die Landschaftskünstler traten allein oder zu mehreren Wanderungen an und erkundeten die Umgebungen ihrer Heimatstädte: Johann Georg von Dillis entdeckte für sich die Parks und das Umland Münchens, Carl Blechen wanderte in Berlin und Brandenburg, die Düsseldorfer Akademieschüler durchstreiften die ländliche Umgebung entlang des Rheins bis ins Bergische Land. Ganz ohne Ausrüstung kam das ›Atelier im Freien‹ allerdings nicht aus und so trugen die meisten Ölstudienmaler neben Gehstock und Rucksack diverse Utensilien mit sich. Eine Sitzgelegenheit, einen Sonnenschirm, vielleicht sogar eine kleine Staffelei. Ganz sicher aber einen Malkasten, in dem später die noch feuchten Ölbilder untergebracht wurden. Und natürlich die Farben, die noch im Atelier angerührt und dann in Schweinsblasen verpackt transportiert worden sind – erst die Erfindung der Farbtube 1841 sollte den Künstlern diese umständliche Arbeit abnehmen. Johann Wilhelm Schirmer berichtet in seinen Lebenserinnerungen davon, dass sowohl die Größe der Malgründe als auch die Breite der Farbpalette beim Malen im Freien relativ beschränkt waren. Die Limitierung der Mittel tat dem Anspruch an die Darstellung jedoch keinen Abbruch. Die im Freien gemalten Ölstudien beruhten allesamt auf genauer Beobachtung und hatten das Ziel, das Gesehene präzise zu erfassen und davon ein charakteristisches Bild festzuhalten. | ACS L Johann Wilhelm Schirmer 35 Bachschnelle an der Elz 1847

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