Leseprobe

Das Poble Espanyol der Weltausstellung 1929 in Barcelona als Imagination nationaler Einheit 193 q im Palau Meridional entlang der Avinguda de l’Estadi und der parallel dazu verlaufenden Avinguda Internacional westlich des Sportstadions zur internationalen Sektion in der hochgelegenen Ausstellungszone. Die höheren Bereiche lagen eingebettet in einer aufwändig gestalteten Parkanlage, was sich in der Kombination von Weltausstellungsbebauung und Parkanlage auf vergangene Weltausstellungen wie beispielsweise die von 1888 in der Ciutadella, einemumgestaltetenMilitärareal in Barcelona, bezog. Am Montjuïc trug man verstärkt der historischenNutzung des Bergs Rechnung. Das gilt insbesondere für den Gutshof mit Nutztierpräsentation in einem kesselartig tiefliegenden Steinbruchgelände südlich des Palau Nacional und das Gelände des Vergnügungsparks imehemaligen Steinbruch La Foixarda westlich des Nationalpalasts. Neben den von der Planungskommission bestimmten Schwerpunkten der Weltausstellung Industrie, Kunst und Sport hatte die in Spanien so wichtige Agrarwirtschaft mit ihrem eigenen Palast und weiteren Abteilungen, wie beispielsweise dem Gutshof der Viehwirte, einen vergleichsweise kleinen Anteil. Letztere gehörten wie andere Abteilungen zu Berufsverbänden oder zur Privatwirtschaft und waren nur bedingt Teil der offiziellen Ausstellungsplanung. Dazu zählte auch der Vergnügungspark mit zahlreichen Fahrgeschäften, der sich am Luna Park in Berlin orientierte,38 aber auch das südlich angrenzende Orientalische Dorf (Poble Oriental), in demvor allemkolonialistisch geprägte Kulturveranstaltungen mit Bezug zu Hongkong, Indien, Ceylon (heute Sri Lanka), Birma (heute Myanmar), Persien (heute Iran), Palästina, Türkei, Ägypten, Tunesien und Marokko in einem Ambiente nordafrikanisch-asiatischer Stereotype stattfanden.39 Das Spanische Dorf (Poble Espanyol) nordwestlich des Palau Nacional war dagegen ein Schwerpunkt der offiziellen Planungen. Es liegt topografisch so in die baumreiche Parklandschaft eingebettet, dass es bis heute weder aus der Nähe noch aus der Ferne wirklich zu erkennen ist. Auch wenn die damaligen Werbeplakate etwas anderes suggerieren, ragen die Türme von Kirche und Kloster lediglich in unmittelbarer Umgebung aus der Grünanlage hervor, womit urbanistisch gesehen eine völlige Abgeschiedenheit erreicht wurde (Abb. 2). Diese Platzierung des Spanischen Dorfs abseits der Hauptachse hängt mit der Absicht zusammen, eine Heterotopie40 zu schaffen, die auch topografisch einem einsamen Dorf in der spanischen Provinz entspricht. Selbst unmittelbar vor demEingang schützt ein der mittelalterlichen Stadtmauer von Ávila nachempfundener Mauergürtel die Anlage vor Einblicken, und nur das Kloster liegt außerhalb. Dieser wie ein hortus conclusus gestaltete Ort unterschied sich von allen anderen Ausstellungsbereichen, ungeachtet der Tatsache, dass das Poble Espanyol der Sektion »El Arte en España« (Die Kunst in Spanien) angehörte. DerenMittelpunkt war der unweit des Dorfes gelegene Palau Nacional mit der gleichnamigen Ausstellung, in der eine umfangreiche Übersicht der spanischen Kunst- und Landesgeschichte gebotenwurde. Diemit originalen Exponaten bestückte Ausstellung entsprach – wie die im benachbarten Palau Abb. 2 Xavier Nogués i Casas, Werbeplakat »Exposición Internacional de Barcelona 1929, Pueblo Español«, 1929 (Museu Nacional d’Art de Catalunya, 000667-C), Foto: © Museu Nacional d’Art de Catalunya, Barcelona (2022).

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