q 20 Cornelia Jöchner des Pariser Bois de Bologne durch den französischen Landschaftsgestalter Jean Pierre Barillet-Deschamps in den frühen 1860er Jahren zu einem öffentlichen Park umgestaltet worden.6 Das Gelände der 1884er Ausstellung wurde durch einen von Pavillons flankierten Haupteingang erschlossen, der an den Corso d’Azeglio anschloss und rechtwinklig vor demVorhof des Castello Valentino in Richtung Süden abzweigte. Von hier führte eine für die Ausstellungsdispositionen des 19. Jahrhunderts typische Hauptachse durch das unregelmäßige Längsrechteck des Areals. Noch bevor man diese betrat, wurden Besucherinnen und Besucher am »Padiglione del Risorgimento Italiano« vorbeigeführt, der Dokumente zur Geschichte der nationalen Einigung von 1820 bis 1870 zeigte.7 Der obere Teil mit seinen Pavillons war durch eine »Themenarchitektur« gekennzeichnet, bei welcher der gewählte Stil den jeweiligen Zweck angeben sollte.8 Diese Pavillons waren – mit Ausnahme der Eisenkonstruktion der »Galleria del lavoro« – aus leichten Holz- und Gipskonstruktionen errichtet.9 ImGegensatz zu dieser typischen Ausstellungsarchitektur und dem Stileklektizismus der Pavillons stand der Borgo mit seiner massiven Bauweise und dem Fokus auf der spätmittelalterlichen Baukultur im Piemont. Doch bedeutete das keine universale, modulare Architektur wie die historistischenWohnblöcke von Carlo Promis imTurin der Jahrhundertmitte.10 Vielmehr ging es beim Borgo um ortsbezogene Repräsentationen konkreter Bauten vorwiegend des 15. Jahrhunderts, und zwar aus entlegenen Gebieten des Territoriums. 1.1 Die »Esposizione Generale Italiana in Torino 1884« Die Turiner Landesausstellung sollte den jungen italienischenNationalstaat darin stärken, diemassivenwirtschaftlichen Probleme zu bewältigen.11 Dabei stellte die »Galleria del lavoro«, nach demVorbild der »Galerie des Machines« bei der Pariser Weltausstellung 1878 als Eisenkonstruktion errichtet, nicht nur ein wichtiges architektonisches Gelenk dar. Hier dominierte die norditalienische Textilproduktion, die sich in einem protoindustriellen Zustand befand. Der Weg führte zunächst Abb. 2 Camillo Riccio, Plan der »Esposizione Generale Italiana in Torino 1884«, 1882. Links unten der Borgo Medievale. Nr. 114 im Plan: Das abessinische »Dorf Assab« (aus Esposizione Generale Italiana in Torino 1884 [. . .], Torino 1884).
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