Leseprobe

68 Johannisfriedhof – Der Monopteros Grabpatin Petra Eggert »Es heißt, ein Mann müsse in seinem Leben ein Haus bauen, einen Baum pflanzen und eine Familie gründen. Und was soll eine Frau tun? Sie kann das Gleiche tun oder einen Tempel adoptieren und einen Garten anlegen.« So formuliert Petra Eggert ihre Ursprungsintention, aktiv am Erhalt der Kulturlandschaft zu wirken. Dazu begab sie sich vor einigen Jahren auf die Suche nach einem Denkmal, das ihre »Hilfe« brauchte. Sie fand es auf dem Dresdner Johannisfriedhof. Östlich der Feierhalle entdeckte sie einen kleinen, damals noch etwas verwahrlosten Rundtempel, der Anfang des 20. Jahrhunderts als Grabmonument errichtet worden war. Es war Liebe auf den ersten Blick. Er, der Tempel, von schlanker, klassisch anmutender Gestalt. Sie, die Kunsthistorikerin mit Phantasie und Lust auf ein kleines Abenteuer. Das Grabmonument ist dem antiken Tempeltypus des Monopteros (altgriechisch: einzig, allein), einem Rundbau ohne abgeschlossenen Innenraum nachempfunden. Seine von acht wohlproportionierten, kannelierten Säulen mit Volutenkapitellen getragene Kuppel ziert ein Kreuz. Das Grabmonument ist von einem breiten, kreisrunden Pflanzstreifen umgeben. Petra Eggert entfernte zuerst den Efeu. Sie ließ alle Bauteile reinigen und reparieren und entwarf eine neue Bepflanzung. Es sollte ein schöner, lebendiger Ort entstehen, der zu jeder Jahreszeit blühende Blumen hervorbringt. Die Vorbeikommenden können damit am Werden und Vergehen der Natur teilhaben, ihre Erinnerungen und Hoffnungen empfinden sowie Geschichte und Gegenwart spüren. Frau Eggert hat die Patenschaft für eines der zahlreichen Kulturdenkmale auf dem Johannisfriedhof übernommen und sorgt seit vielen Jahren dafür, dass dieses eindrucksvolle Kleinod der Sepukralkultur erhalten bleibt. Auf der Fotografie sieht man ihr die Freude regelrecht an, mit der sie sich dieser Aufgabe widmet. Sie selbst beschreibt ihre Motivation folgendermaßen: »Auch wenn unser Tun endlich ist, werden uns unsere Taten wenigstens für eine gewisse Zeit überdauern. Und genau von diesem Gedanken kündet auch die Inschrift ›Wer Liebe säht, wird Liebe ernten‹, die in den Stein gemeißelt ist, über dem sich die Kuppel wölbt.«

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