Leseprobe

262 / 263 Zeichnung hin. Das Motiv Neptun und Amphitrite wurde in den südlichen Niederlanden durch Künstler wie Frans Francken (1542–1616) vielfach in Gemälden und Zeichnungen aufgegriffen,12 aber auch Hendrick Goltzius hat das Paar in einem Entwurf festgehalten, der von Jan Saenredam (1565/66–1607) gestochen wurde.13 Für das Weimarer Blatt schlug Tilman Falk als Zeichner den in Augsburg tätigen Mathias Strasser (gest. 1659) vor, der sich längere Zeit auch in Italien aufgehalten hat.14 Ähnliche Entwürfe mit gleichen mythologischen Motiven haben sich auch von anderen Augsburger Künstlern erhalten, wie etwa von Johann Mathias Kager (1575–1634)15 und Hans Friedrich Schorer (1585–1646).16 Die genannten Künstler waren alle auch als Entwerfer für Goldschmiedearbeiten oder Silbergeschirr tätig. Eine Entstehung des Neptun und Amphitrite-Blattes in Augsburg um 1630 ist wahrscheinlich. Nach Augsburg weist ebenfalls eine Herberge in antikem verfallenem Gebäude (Tab. 1.8), eine Zeichnung, die wohl aufgrund der fälschlichen Auflösung des Monogramms »HFS« im Schuchardt’schen Katalog von 1848 Herman Saftleven (1609–1685) zugeschrieben worden war.17 Allein die Überprüfung der Datierung des Blattes (1609) hätte angesichts der tatsächlichen Lebensdaten von Saftleven Zweifel aufkommen lassen müssen. Als Erster erkannte Hermann Voss, dass die Zeichnung von Hans Friedrich Schorer stammt, der in Augsburg als Vorlagezeichner für kunstgewerbliche Gegenstände tätig war.18 Vermutlich handelt es sich um die Nachzeichnung einer Radierung von Guilliam van Nieulandt (1584–1635), die eine allerdings auf 1610 datierte Vorlage von Sebastiaan Vrancx (1573–1647) aufgreift.19 Und auch eine ehemals Wybrand de Geest (1592–1672/80) zugeschriebene Zeichnung eines Überfalls (Tab. 1.3)20 könnte von einem Zeichner aus Augsburg stammen. Das kleinformatige Blatt wurde von Dieter Gleisberg dem seit 1617 in Augsburg tätigen Matthäus Abb.2 Augsburg, Umkreis Hans Friedrich Schorer Neptun und Amphitrite, um 1630 Rötel, Grafit, schwarze Kreide, blaugrau und rötlich laviert, mit Deckweiß gehöht, gegriffelt, im Oval, max. 417 × 562 mm

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