Leseprobe

Das Zusammenspiel von Materialanalyse und Stilkritik. Fallbeispiele Abb.2 Rostige Nägel mit gelöstem Eisen (links) und kristallisiertes hellgrünes Eisen(II)sulfat (rechts) Abb.1 Originalaufstrich von Bister aus Meder 1923, Abb. 51, oben links Neben der Multispektralanalyse zur Klassifizierung der Zeichenmaterialien ist die Röntgenfluoreszenzanalyse, ebenfalls eine nichtinvasive Methode, ein wichtiges Instrument bei der Untersuchung von Zeichnungen. Der Nachweis einzelner Elemente liefert den Bezug zu den verwendeten Materialien – insbesondere zu den anorganischen Bestandteilen wie Pigmenten oder Metallsalzen der Eisengallustinte. Aus den qualitativen Befunden der Elementanalyse lässt sich ein quantitativer Fingerprint für die jeweilige Eisengallustinte ableiten. Dieser zeigt die relativen Konzentrationen einzelner Nebenbestandteile, wie beispielsweise Mangan, Kupfer oder Zink, bezogen auf die Hauptkomponente Eisen (Abb. 3). Absolute Konzentrationen können mit dieser Methode nicht ermittelt werden, da organische Bestandteile der Tinten – wie etwa Gerbstoffe oder Gummi arabicum – nicht zugänglich sind.12 Diese absoluten Konzentrationen sind aber zur Differenzierung nicht notwendig, da durch die Normierung Einflüsse durch unterschiedliche Schichtdicken des Zeichnungsmaterials auf dem Papier herausgerechnet werden.13 Im Weimarer Bestand wurden circa 50 Zeichnungen, die entweder von Rembrandt selbst oder von seinen Schülern stammen, mittels Röntgenfluoreszenzanalyse untersucht. Die Messungen ergaben ein heterogenes Bild. So zählen die Tinten der beiden Rembrandt-Zeichnungen Lot und seine Töchter aus der zweiten Hälfte der 1630er-Jahre (Abb. 4)14 und Alter Mann mit Bart und Turban aus den 1640er-Jahren (Abb. 5)15 zu den klassischen Eisengallustinten, die mit Eisenvitriol hergestellt wurden. Dieser Typ wurde auch für Der Levit und die tote Konkubine verwendet, eine Zeichnung vom Beginn der 1650er-Jahre, die Peter Schatborn ebenfalls als eigenhändige Zeichnung Rembrandts in sein Werkverzeichnis von 2019 aufgenommen hat (Abb. 6).16

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