Leseprobe

146/ 147 ODER NICHT? Da es sich bei den Ausgangsmaterialien des 16. und 17. Jahrhunderts um natürlich vorkommende Rohstoffe handelt, weisen die entsprechenden Tinten eine sehr heterogene Zusammensetzung auf. Einerseits enthalten die Galläpfel unterschiedliche Mengen an Gallussäure, andererseits wurden neben den Galläpfeln weitere gerbstoffliefernde Komponenten verwendet. Analytisch bedeutsamer ist jedoch der Umstand, dass das verwendete Vitriol nicht nur aus Eisensulfat besteht, sondern auch Kupfer-, Mangan-, Aluminium- und Zinksulfat enthält.9 Erfolgte die Reinigung der Vitriole seit dem Mittelalter durch Umkristallisation des Rohprodukts, wurden im Zuge der Industrialisierung Methoden eingeführt, mit denen reines Eisensulfat künstlich synthetisiert werden konnte. Es stellt sich jedoch die Frage, ob ausschließlich Eisenvitriol als eisenliefernde Komponente für die Herstellung von Eisengallustinten Verwendung fand. So ist es bemerkenswert, dass nordeuropäische Tinten vom 9. bis in das 12. Jahrhundert hinein neben Gerbstoffen nur Eisen und weitere Komponenten enthalten, die nicht-vitriolischen Ursprungs sind.10 Auch diese Tinten sind Eisengallustinten; die Zugabe des Eisens erfolgte jedoch auf einem anderen Weg durch Verwendung von Rost, Hammerschlag oder Nägeln. Im Gegensatz zu den anfangs beschriebenen vitriolisch basierten Eisengallustinten werden diese daher als nicht-vitriolisch basierte Eisengallustinten bezeichnet. Wie zu erwarten, beschränkt sich das Phänomen nicht nur auf Schreibtinten des Mittelalters, auch im zeichnerischen Werk Rembrandts lassen sich beide Tintentypen nebeneinander nachweisen.11

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