Leseprobe

— 193 — Nachdem sich Herzog August den Hut und weitere persönliche Gegenstände des Kaisers gesichert hatte, wurden die Erinnerungsstücke im Kunstkabinett auf einem Tisch unter Glas präsentiert. Noch in dem 1879 bis 1890 von Carl Aldenhoven erstellten Inventar werden die Memorabilia gemeinsam genannt, danach verliert sich die Spur der Stiefel und Handschuhe. AS Quellen und Literatur SSFG, Schlossarchiv, Nr. 92, Verzeichniß über die bei der Uebergabe 1830 im Kunst-Cabinette befindlichen Gegenstände, 1830, fol. 51v, Nr. 306; ebd., Nr. 96, Catalog des Kunstcabinets, Bd. 2, 1858, Cap. IV, fol. 139r, Nr. 66; ebd., Nr. 104, Katalog der Miniaturen und der Sammlung von Waffen, Geräth und Kleidern, 1879–1890, S. 138, Nr. 273. Bube 1846, S. 72, Nr. II/66; Schäfer 2011 a, S. 198; Klatt 2014, S. 83; Brown 2015; Weißbrich 2015, S. 4 f. 58 Schokoladentasse mit Unterschale, sogenannte Napoleontasse Johann Friedrich Rottmann um 1807/08 · Porzellan bemalt, zum Teil radiertes Golddekor H. 7,5 cm, Dm. 11,7 cm SSFG, Inv.-Nr. P1723/III, P1724/III Provenienz: Vermutlich Nachlass Herzog Augusts von Sachsen- Gotha-Altenburg. Die klassizistische Tasse in breiter Glockenform mit Ohrenhenkel ist innen komplett vergoldet und außen, wie die Unterschale, vollständig bemalt. Durch die Signatur auf dem Tassenboden – ein goldenes »R« flankiert von je drei Punkten – kann die qualitätvolle Malerei dem Gothaer Porzellanmaler Johann Friedrich Rottmann zugeschrieben werden. In achteckigen Bildfeldern auf rot marmoriertem Fond sind auf der Tasse Porträts in strenger Profilansicht und auf der Unterschale zahlreiche Attribute der Götter aus der griechisch-römischen Antike in Gold dargestellt, beispielsweise der von Weinlaub bekränzte Kopf des Dionysos (Bacchus) und das behelmte Haupt einer kriegerischen Pallas Athene (Minerva) oder eines Ares (Mars) sowie auf der Untertasse unter anderem eine Schale mit Weintrauben und Thyrsosstab, Musikinstrumente und Waffen, darunter ein Schild mit Medusenhaupt. Eine besondere Anekdote rankt sich um dieses meisterliche Stück Gothaer Porzellans. Die Geschichte wird im Eisenbergischen Nachrichtsblatt unter der Überschrift »Einiges aus dem Leben des Herzogs August von Sachsen-Gotha und Altenburg« und in der Regensburger Zeitung 1831 überliefert: Auf der Durchreise zum Erfurter Fürstenkongress 1808 machte Napoleon kurz Halt in Gotha, »ohne aus dem Wagen zu steigen. Er bat um eine Tasse Chocolade, die ihm der Herzog selbst in einer Mundtasse 58 von seltener Schönheit darreichte. Der Kaiser fand Wohlgefallen an der schönen Tasse und der Herzog bemerkte ihm darauf: daß diese Tasse aus einer seiner Fabriken sey. Napoleon erbat sich von ihm die Tasse zum Andenken; da erwiderte ihm der Herzog: daß diese Tasse für ihn einen unschätzbaren Werth habe und ihm um keinen Preiß feil sey, daß er lieber dem Kaiser seine beiden Herzogthümer geben wolle. Napoleon war über diese Aeußerung nicht wenig erstaunt, und rief barsch: So? Warum? ›Sire!‹ sprach der Herzog, ›weil Ihro Majestät daraus getrunken haben.‹ Napoleon war über diese seine Antwort sehr entzückt; er zeichnete den Herzog in Erfurt ganz besonders aus und erklärte dort laut: ›Es ist mir in ganz Deutschland kein so geistreicher Fürst vorgekommen, als der kleine Herzog von Sachsen-Gotha.‹« Wie der Dichter und Staatsmann Johann Wolfgang von Goethe war auch Herzog August ein großer Verehrer des französischen Kaisers, der einige Male, obgleich immer nur kurz, zu Gast auf Schloss Friedenstein war. EW Quellen und Literatur Eisenbergisches Nachrichtsblatt, Nr. 34, 23, August 1831, S. 266 f.; Regensburger Zeitung, 26. September 1831, Beilage Nr. 53; Eberle/Däberitz 2012.

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