Leseprobe

— 28 — Ein Großteil seiner Ölgemälde, Handzeichnungen und Kupferstiche, die Bestände seiner Gewehrkammer sowie die asiatischen und orientalischen Sammlungen verblieben hingegen im Schloss und gingen in die herzoglichen Sammlungen über. Auf diese Weise zeugen sie noch heute von den vielgestaltigen Interessen und der regen Sammeltätigkeit des Herzogs. Der vorliegende Beitrag gewährt einen thematischen Einblick und stellt durch die Auswertung von Briefen, Rechnungen und zeitgenössischen Lebensbeschreibungen das reiche Netzwerk vor, durch welches August die Sammlungen zusammentrug. Mittels schriftlicher Quellen wird anschaulich, dass die Fülle seiner Erwerbungen weit größer und mannigfaltiger war, als die erhaltenen Bestände erahnen lassen, denn nicht nur durch die Versteigerung von 1831, sondern auch in späteren Jahren gingen aus unterschiedlichen Gründen zahlreiche, teils fragile und verderbliche Objekte wie Federn und konservierte Pflanzen sowie Tierpräparate verloren.6 H erzog Augusts Interessen innerhalb des Sammelwesens des 18. und 19.Jahrhunderts In einem Brief an den Kaufmann Karl Joseph Meyer (Abb. 2) in London thematisierte Herzog August seinen »Geschmack fuer das Schoene und Seltene«.7 Eben das Schöne und Rare erwecken seit jeher Staunen, Neugier und großes Interesse. Edle und kuriose Gegenstände aus seltenen Materialien und bearbeitet mit unterschiedlichen Kunsttechniken wurden daher früh von Herrschern gesammelt und seit dem 16. Jahrhundert in Kunst-, Raritäten- und Wunderkammern aufbewahrt. Ein Paradiesvogel, Straußeneier, »west Indian[ische]« und taiwanesische Muschel- und Schneckenhäuser sowie chinesische Bücher und Gemälde befanden sich bereits in der Kunstkammer des Begründers des Herzogtums Sachsen-Gotha und Erbauers des Schlosses Friedenstein, Ernsts des Frommen.8 Insofern grenzte sich August mit seinem Geschmack weder von Standesgenossen noch von seinen Vorgängern und Nachfolgern ab. Natürliche und künstliche Raritäten fremder und alter Völker bildeten innerhalb seiner Sammeltätigkeit jedoch keine Ausnahme, sondern waren sein Sammelschwerpunkt, was zu ihrer maßgeblichen Erweiterung und der Bildung von Spezialsammlungen führte, mit dem Ziel, ein Chinesisches Kabinett und ein Orientalisches Museum9 zu errichten. Angedacht war demnach, eigenständige Sammlungsbereiche aufzubauen und die Ankäufe nicht mehr in die Kunstkammer zu integrieren – wie bei der Münzsammlung, die bereits 1712 aus der Kunstkammer ausgegliedert wurde und sich als Münzkabinett neu formierte.10 Eine derartige Zergliederung der Kunstkammer in ihre einzelnen Bestandteile bei einer gleichzeitigen Aufwertung ihrer Teilbereiche ist ein verbreitetes Phänomen im Sammelwesen des 18. Jahrhunderts.11 Das Sammeln bedeutender Einzelstücke wurde abgelöst durch die systematische Erschließung von Lehrsammlungen. Von hier aus war es nur noch ein kleiner Schritt zur Bereitstellung der Sammlungen für eine breitere Öffentlichkeit in Form von Museen, wie dem Orientalischen Museum.12 Letzteres wurde zwar nie verwirklicht, aber Friedrich IV. öffnete in Schloss Friedenstein 1824 ein Herzogliches Museum für das interessierte Publikum.13 Die Sammeltätigkeit Herzog Augusts war trotz größerer Ambitionen somit gekennzeichnet durch die Gründung von Spezialsammlungen, die seine individuellen Interessen wiederspiegelten, im Bereich der Naturkunde aber auch entscheidend durch die Direktoren der jeweiligen Kabinette forciert wurden.14 Eine große Anzahl Bücher und Objekte aus der Natur und Kunst bewahrte August zugleich in seinen Schlaf- und Wohnzimmern auf.15 Er hatte auf diese Weise die Möglichkeit, sich fortwährend an den Werken zu ergötzen, sich mit ihnen inhaltlich auseinanderzusetzen und zu identifizieren, was maßgeblich zu seiner kunstsinnigen und gebildeten Persönlichkeit beigetragen haben könnte. Abb. 2 Unbekannter Künstler, Karl Joseph Meyer, Stahlstich auf Papier, 1866. Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1