Leseprobe

184 öffneten (Kat.-Nr. 42). Während bei derartigen Einzelstücken – entsprechend der technischen Möglichkeiten – sowohl die Funktionalität als auch die Ästhetik berücksichtigt wurden, stand im und nach dem Ersten Weltkrieg beim sogenannten »Arbeitsarm« ausschließlich die Funktionalität im Fokus. Für den Arbeitsprozess war es entscheidend, möglichst viele Freiheitsgrade der menschlichen Extremität technisch nachzubilden, was bis heute eine Herausforderung ist. Als brauchbar galt der Arbeitsarm der Siemens-Schuckertwerke Nürnberg, der mit einem Schultergurt an fast jedem Schulterstumpf fixiert werden konnte (Abb. 5). Ein Ansatzstück konnte verschiedene Werkzeuge aufnehmen – es gab mehr als 50 verschiedene Arbeitsansätze, wie eine Werbebroschüre ausführte.12 Ziel der Entwicklungsarbeiten war hier also nicht der Bau von Maschinen, die den Menschen ersetzen sollten, sondern die »Ergänzung« von Kriegsversehrten durch Technik in einer Weise, dass sie wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden konnten. Abb. 4 Ankündigung des Theaterstücks »W.U.R.« (Werstands Universal Robots). Theaterzettel der Neuen Wiener Bühne, 27.10.1923. Deutsches Museum, München Werstand, der Besitzer der Firma W.U.R., hatte einen Stoff entdeckt, der Leben erzeugen konnte. Dies nutzte er zur fabrikmäßigen Produktion von billigen »intelligente[n] Arbeitsmaschinen« (S. 15), die »zwei und einen halben Arbeiter« (S. 29) ersetzen konnten und sich äußerlich kaum vom Menschen unterschieden. Die für den Arbeitseinsatz optimierten künstlichen Helfer besaßen jedoch keine Gefühle und konnten sich nicht reproduzieren. Cˇ apek lässt seine Figuren eine Reihe von ökonomischen und ethischen Diskussionen führen: So kam es etwa mit dem Einsatz der Roboter zu Hungerrevolten und Maschinenstürmerei, weil die Arbeiterinnen und Arbeiter ihr Einkommen verloren. Als einige Regierungen bewaffnete Roboter gegen die Aufständischen einsetzten, war der Kampfroboter geboren, was schließlich zu einem Weltbrand führte. Wie in fast allen Geschichten von künstlichen Wesen, agierten die Kunstmenschen bald im eigenen Interesse und vernichteten die Menschheit. (Zitate aus: Cˇ apek 1922) Die 1930er-Jahre – Der Begriff Roboter wird Allgemeingut Nach dem Ersten Weltkrieg waren Roboter und Automaten durchaus im öffentlichen Leben präsent. Seit der Jahrhundertwende hatten sich etwa Münzautomaten verbreitet, zum Beispiel für den Verkauf von Waren, als Musik- oder als Spiel- und Unterhaltungsautomaten. In einigen Städten gab es Automaten-Restaurants, in denen die Gäste an selbsttätigen Ausschankvorrichtungen kalte und warme Speisen und Getränke erhielten.13 Vor allem aber waren Roboter und Maschinenmenschen auf Schaubühnen zu Hause, wo sie – ebenso wie ihre Vorgänger im 18. Jahrhundert – publikumswirksam in Szene gesetzt wurden. So vermeldete etwa die Vossische Zeitung vomMärz 1930 den Auftritt von Roboter »George« (Abb. 6) im bekannten Berliner Varietétheater Wintergarten: »Die Neuigkeit des Märzprogramms ist Robot, der Maschinenmensch. Ein Gedanke, der jahrhundertelang in den Köpfen von Konstrukteuren und Bastlern spukte, hat

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