Leseprobe

134 Künstler ansehnl. Summen Geldes gebothen, nur die innere Structure zu zeigen, er hat aber solches mit aller Gelassenheit revociret.«5 Über seinen Besuch in Breslau zu Jahresbeginn 1722 liegen weitere Details vor. Die Aufführung im Ballhaus wurde von einem Augenzeugen »ex avtopsia« in einer wissenschaftlichen Zeitschrift ausführlich beschrieben. »Vor dem Aufzug war ein ziemlich weiter Platz auf dem Theatro, daß man auch mit keinem Stabe leichtlich an die Gardine langen konte. Die Oefnung mochte etwan 3. Ellen in die Länge, und 2 Ellen in die Höhe haben.6 Vor der Gardine hingen zu beyden Seiten Aufziehe-Leuchter, ieder mit 5. oder 6. Lichtern, die, wenn das Spectacul geöffnet werden solte, in die Höhe unter eine runde Capsul gezogen, und also das Licht verstecket wurde, daß es alsdenn gantz finster auf und vor dem Theatro war, wornach die Gardine aufgezogen, und das Perspectiv geöffnet wurde. In dieses Werck nun sahe man, wie durch einen Flohr [= Schleier, Anm. d. Verf.], ins Demmriche, und da præsentirete sich die Vestung oder Stadt im Perspektiv gar angenehm, doch ziemlich dunckel, gleichwol erkenntlich. […] Der Himmel selbst schien convex oder concav, und in den ersten 2. Phasibus præsentirete sich die Abend-Demmerung hinter der Vestung Batavia oder dem Schloß Friedrichsburg seitwärts gen West röthlich, und ziemlich natürlich; so wie in den letzten zweyen die Morgenröthe Ostlich auf die gleiche Weise. Der Mond præsentirete sich gehörnt und voll durch den Himmel in einem accuraten Ausschnitt, in einem gelb-röthlichen Schein, doch nicht, wie nach der Natur, etwas lichter um denselben, als im übrigen Horizont. Die Vestung und was um und an selbiger lag, sahe man vertiefft oder perspectivisch und demmrich. Bey den See-Vestungen kamen von beyden Seiten Schiffe, mit unbeweglichen, doch gespanneten Seegeln langsam daher, doch ohne See-ähnliche Motitation, sondern gantz gleiche und stille hin: Auf selbigen fuhr, gleich als zu den Schuß-Löchern ein helles Feuer heraus mit Rauch nach Art einer Canone, und darauf (nach Proportion der Weite,) folgte ein ho[h]ler Thon, wie wenn man eine Canone in der Ferne hörete, nur daß der Thon im kleinen muß verstanden werden, und in die Weite. In dieser Beschaffenheit antwortete die Vestung mit 3. 6. oder mehr Schüssen, die nach Proportion der Entlegenheit langsamer und schwächer, oder contra zu hören waren. Und so gieng es auch mit denen entgegen kommenden Schiffen, die einander mit der so genannten feurigen Begrüssung complimentireten.«7 Gezeigt wurden unter anderen Glasgow, Rom, der dänische Sund mit Helsingør und Helsingborg, Versailles, Dresden, das dänische Schloss Frederiksborg, Brüssel, Bordeaux, eine Tiroler Gebirgslandschaft, Alexandria in Ägypten und Batavia auf Java. Die einzelnen Szenen dauerten jeweils etwa zehn Minuten. Zwischendurch wurde der Saal erleuchtet und Musik gespielt. Eine Vorstellung bestand aus fünf verschiedenen Szenen, die in größeren Städten zwei Mal am Tag wiederholt wurden. Dies bedeutete aber auch, dass zwischen den Vorstellungen alle Dinge wieder auf ihren Platz mussten, dass die Lampen geputzt und Abb. 6 Fahrradkurier für Gebr. Pfund, Dresden-Neustadt. Figur aus dem Theatrum mundi von Heinrich Apel senior (1875–1920) und Heinrich Apel junior (1895–1975). SKD, Puppentheatersammlung, Inv.-Nr. 25483 »Neue Stücke, Garderobe und Dekorationen, sowie interessante Nachspiele bestehend in englischen Fantochens und Methamorphosen-Figuren und Theatrum mundis werden wir zur größten Zufriedenheit des Publikums aufführen. Da die Eintrittspreise sehr gering sind, so kann sich jeder einen recht vergnügten Abend bereiten.« (Löbtauer Anzeiger, 30. 8. 1896)

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