Leseprobe

83 Abb. 3 Einst vom »Schreiber«-­ Automaten in Dresden verfasst. Dresden, 2. Hälfte 19. Jahrhundert. Abgedruckt in: Platzhoff-Lejeune 1906, S. 529 Abb. 4 Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Verbildlichung der vermeintlichen Funktionsweise der mechanischen Ente von Jacques de Vaucanson. Abgedruckt in: Bley 1899 Ihren ersten Auftritt hatten die Automaten 1774 in La Chaux-deFonds, ein Jahr später wurden sie in Paris gezeigt. 1787 erwarben sie spanische Schausteller, tauchten aber erst wieder in den 1830er-Jahren als Attraktion eines tourenden Illusionstheaters auf.4 Etwa 100 Jahre tourten die drei Androiden durch Europa und entzückten zunächst die Fürstenhöfe und später die Jahrmärkte. 1894 sind die Automaten im Besitz einer Familie Martin in Dresden nachgewiesen, die sie wahrscheinlich schon vor 1850 in Paris erwarb (Abb. 3). Diese verkaufte sie etwa 1896 an den Berliner Kunsthändler und Sammler Carl Marfels, der die Automaten gemeinsammit seiner Uhrensammlung in Neuchâtel ausstellte. Im Anschluss an die Ausstellung wurden die Automaten durch eine gemeinsame Initiative der historisch-archäologischen Gesellschaft, der Stadt Neuchâtel, des Kantons und des Bundes erworben und sind bis heute im Musée d’Art et d’Histoire in Neuchâtel ausgestellt. Großen Einfluss auf diese Automaten hatten diejenigen von Jacques de Vaucanson, dessen Ente zu den legendären mechanischen Organismen zählt.5 Vaucanson: Ente, Flötenspieler, Trommler »Junger Mann, Sie fangen dort an, wo ich aufgehört habe […]«6, so soll Jacques de Vaucanson (1709–1782) zu Pierre Jaquet-Droz gesprochen haben, als er dessen Androiden das erste Mal sah. Dabei hatte er vor allem den Bewegungsmechanismus der Glieder genauestens untersucht. Jaquet-Droz’ Automaten unterschieden sich in einem entscheidenden Punkt von denen Vaucansons: Ihre Mechanik befand sich in ihrem Körper und nicht in einem monumentalen Sockel. Im Zentrum von Vaucansons Automaten steht eine Ente, etwa lebensgroß. Da ihre Mechanik, die aus mehr als 1 000 Einzelteilen bestand,7 irgendwo Platz finden musste, ist ihr Aktionsradius eingeschränkt, denn sie steht auf einem Sockel. Von keinem der drei Automaten Vaucansons gibt es Fotografien im vollständigen Zustand, nur Zeichnungen und Beschreibungen regen unsere Fantasie an (Abb. 4). Zunächst baute Vaucanson einen Flötenspieler und einen trommelnden Schäfer. Vaucanson spielte selbst die Flöte und hatte den Anspruch, eine Figur zu schaffen, die das Instrument über den Luftstrom aus dem Mund zum Klingen bringen und mit den Fingern die Ventile der Flöte öffnen und schließen konnte. Der Musiker konnte drei Oktaven spielen, wobei für jede Oktave der Ansatz des Mundes verändert werden musste. Was der Automat nicht schaffte, war das Modulieren des Tones. Der Flötenspieler saß auf einem Felsen, der wiederum auf einem Säulenstumpf stand, in dem sich die Mechanik befand.8 Er konnte zwölf sehr einfache Stücke spielen. Der Schäfer spielte mit der linken Hand eine typische provenzalische Pfeife mit drei Löchern, während er mit der rechten auf einer Langtrommel den Takt schlug. Sein Repertoire bestand aus Arien, Tänzen und Rigadous.9

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