Leseprobe

82 Jaquet-Droz: Schreiber, Zeichner und Musikerin Zu den herausragenden Automaten ihrer Zeit gehören die drei Automaten der Schweizer Uhrmacherdynastie Jaquet-Droz: ein Schreiber, ein Zeichner und eine Musikerin (Abb. 2).2 Die Knaben waren noch jung an Jahren, die Musikerin etwas älter, adrett gekleidet, so stellte man sich »Wunderkinder« vor und wohl auch den jungen Mozart, wie er vor den Regenten in den europäischen Metropolen auftrat. Der Schreiber kann jeden beliebigen Text bis maximal 40 Zeichen mit einer Tintenfeder schreiben, dabei folgt er dem Lauf der Feder mit seinen Augen. Der Text kann geändert werden, indem die Nockenscheiben im Körper des Schreibers gewechselt werden. Von den drei Automaten besitzt er den kompliziertesten Mechanismus, dabei ist die gesamte Mechanik im Körper des Knaben eingebaut (Abb. 1). Sie verfügt über zwei Räderwerke, die sich gegenseitig auslösen. Im oberen Teil des Körpers ist der Mechanismus untergebracht, der die Hand mit der Feder steuert. Dabei wird jeweils eine der waagerecht liegenden Nocken abgetastet. Nach einer Umdrehung kommt der zweite Mechanismus ins Spiel, der die Abtastung zur Nocke für den folgenden Buchstaben befördert und bestimmte Bewegungen steuert, wie den Zeilenwechsel und das Nachfassen der Tinte. Der Zeichner funktioniert ähnlich. Er kann zwischen vier Motiven wechseln, benutzt aber statt der Tintenfeder einen Bleistift. Den Staub des Bleistifts bläst der Zeichner regelmäßig vom Blatt. Auch hier lassen sich die Nockenscheibensätze in seinem Körper tauschen. Es sind drei an der Zahl. Auf einem befinden sich ein Porträt Ludwigs XV. und der Hund TouTou, auf einem weiteren der englische König Georg III. und seine Gemahlin und auf dem dritten ein von einem Schmetterling gezogener Wagen. Als letzter dieser Automaten entstand die Musikerin. Sie spielt ein Harpsichord, ein dem Harmonium verwandtes Tasteninstrument. Die Tasten betätigt sie mit ihren Fingern, mit dem Kopf blickt sie immer wieder zum Publikum und den Brustkorb hebt und senkt sie, als würde sie atmen. Zum Abschluss ihres Vortrags nickt sie den Gästen zu. Fünf Musikstücke wurden eigens für diesen Automaten komponiert und sind auf einer Stiftenwalze notiert. Die Hersteller der Automaten waren der Uhrmacher Pierre Jaquet-Droz (1721–1790), sein Sohn Henri-Louis (1752– 1791) und sein Mitarbeiter Jean-Frédéric Leschot (1746–1824). Sie bauten die Androiden zwischen 1768 und 1774. Pierre Jaquet-­ Droz begann zunächst ein Theologiestudium in Basel, um dann aber doch zwischen 1740 und 1747 in La Chaux-de-Fonds Uhrmacher und Mechaniker zu werden. Jean-Fréderic Leschot war sein Schüler und später Teilhaber der Firma, die er nach Pierres Tod weiterführte.3 Abb. 2 Zusammenstellung der drei erhaltenen Jaquet-Droz-­ Automaten: Der Zeichner, die Musikerin und der Schreiber. Pierre und Henri-­ Louis Jacquet-Droz sowie Jean-Frédéric Leschot, La Chaux-de-Fonds, zwischen 1768 und 1774. Musée d’art et d’histoire de Neuchâtel, Inv.-Nr. AA3, AA1 und AA2

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