Leseprobe

207 30 Paul Effler Zylinderhut mit Schachtel Chemnitz, um 1900 Haarseide schwarz, leicht aufgeschlagene Krempe; innen Eigentümervermerk »Dr.W. D.«; Herstellervermerk »Paul Effner Chemnitz, Äußere Johannisstr. 4«; Hutschachtel aus roter Pappe mit goldfarbenem Aufdruck »Hut-Lager Paul Windelband Chemnitz« · H 15,5 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum Inv.-Nr. cm005675 »Chemnitzer Zylinderhüte sind von ganz besond’rer Güte!«– so lautete ein Werbeslogan in den Jahren um die Jahrhundert- wende. Der Zylinder erfreute sich standesübergreifend enor- mer Beliebtheit, primär stand er jedoch als Symbol für das Bürgertum schlechthin und somit für ein allgemein gesell- schaftlich akzeptiertes Leitbild, dem männliche Angehörige unterschiedlicher Klassen und Schichten anhingen: Er fand sich als Kopfbedeckung von Adel und bürgerlichen Rentiers ebenso wie als Teil proletarischer Hochzeitsbekleidung oder der »Kluft« wandernder Handwerksgesellen. In der Freimaue- rei,die gleichfalls in diesen Jahren einen enormen Aufschwung nahm, stand der »Hohe Hut« als Symbol des freien Menschen in besonderem Ansehen. UF Objekt bislang unpubliziert 31 Spieltisch Chemnitz, um 1900 Laubholz dunkel gebeizt; rechteckige, leicht konisch verlaufende Beine; in Tischplatte eingearbeitete, an vier Seiten herausklappbare Holzschalen; Abstellflächen auf der Ebene unter der Tischplatte · 78×71×71 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum Inv.-Nr. cm005075 Der Spieltisch war Teil der Gaststuben-Einrichtung der als »Rau- Ella« bekannten (... und berüchtigten!) Arbeiterkneipe. Solche Einrichtungen boten vor allem in den dicht besiedelten Arbeiter- bezirken dem Industrieproletariat kurzzeitigen »Urlaub vom All- tag«: Kippte man in solchen »Etablissements« in der Anfangs- zeit zunächst häufig Hochprozentiges am Tresen,ummöglichst rasch einen Rausch aufzuziehen, wurde die »Kneipe« mit dem Vormarsch des untergärigen Bieres nach bayerischer bzw. Pils- ner Brauart etwas qualitätvoller und lud zu einer längeren Ver- weildauer ein. Mitunter wurden kleinere Speisen gereicht und zunehmend pflegte man Spielformen wie Skat oder Doppelkopf. Letzterem Aspekt diente der vorgestellte Spieltisch: Die Tisch- platte war Spielfläche, die ausklappbaren Holzschalen nahmen Bares, Jetons oder Spielgeld auf, das Bierglas konnte auf der Ebene unter der Tischplatte abgestellt werden. Zum Museumsbestand gehören mehrere Ausstattungsstücke der Gaststube, darunter Wandborde für Teller und Biergläser, mehrere Spieltische sowie der Zapfhahn des Tresens. UF Objekt bislang unpublizert 30 31

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