Leseprobe

1992/2004 417 Wirtschaftliche Strukturen nachdem es von der Treuhand (Sitz der SED-Kreis­ leitung galt als Sondervermögen) rückübertragen wor- den war. Die im März 1993 gegründete Initiative Plauen ver- eint die Plauener Gewerbetreibenden in ihrem Handeln für eine belebte Innenstadt und erarbeitet gemeinsam mit der Stadtplanung zum Beispiel Nutzungskonzepte. Die Unternehmen der Textilbranche und im Maschi- nenbau verloren an Bedeutung, Automatisierung und Digitalisierung verringern die Anzahl der Beschäftigten weiter. Eine Vielzahl von Branchen und mittelständi- schen Unternehmen kennzeichnen die Situation 2020. Der Dienstleistungssektor dominiert mit rund 75 Pro- zent in der Wirtschaftsstruktur Plauens. Der größte Ar­ beitgeber war 1998 erstmals seit dem politischen Um- bruch 1990 die Stadtverwaltung, das verdeutlichte auch den Schwund der großen Unternehmen. Rund 25 000 Ar- beitnehmer, etwas mehr Männer als Frauen, beschäftigt in ungefähr 4 700 Unternehmen, über 100 Gaststätten und Cafés sowie 650 Einzelhandelsgeschäften, werden bei der Beschreibung des Wirtschaftsstandorts Plauen von dessen Wirtschaftsförderung benannt. Werbung für den Standort Plauen Schon unmittelbar in der tiefgreifendsten Umbruch- phase entstand der Gedanke, das Potenzial der Region zu demonstrieren. Nach der Vertragsunterzeichnung mit der Firma Kinold-Ausstellungsgesellschaft konnten die Vorbereitungen beginnen : Im Gelände der Plauener Festhalle fand man das passende Areal und eine »mut- machende und zukunftsweisende« Vogtland-Regional- ausstellung (VOREA) erlebte vom 22. September bis zum 4. Oktober 1992 den »Ansturm« Zehntausender Besu- cher (69 490), formulierte Dr. Magerkord über die erste VOREA mit 350 Ausstellern. 6 Alle zwei Jahre präsentier- ten Unternehmen ihre Produkte und warben für ihre Leistungen. Im Oktober 1994 eröffnete sie der sächsi- sche Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, auch 1996 und 1998 informierten sich zahlreiche Besucher, 2000 wurde die Wirtschaftsmesse weniger angenommen, im Sep- tember 2004 konnten Besucher ein letztes Mal diese Vielfalt erleben. Eine weitere Großveranstaltung mit regionaler und auch landesweiter Aufmerksamkeit sowie hohen Be- sucherzahlen ist der Europäische Bauernmarkt, der im Mai 1996 zum ersten Mal stattfand. Seither strömen im Frühjahr – coronabedingte Ausnahme 2021 – immer Tausende Besucher in die Festhalle des Möbelhauses Biller, um die ganze Breite an landwirtschaftlichen Produkten aus verschiedenen Ländern Europas ken- nenzulernen. Seit 2014 lädt die »Schau auf Design« – als Treff- punkt innovativer Unternehmen der Region – an ver- schiedenen ehemaligen Plauener Industriestandorten Ina Schaller (2014 und 2015 Plamag-Gelände, 2016 und 2018 Plaue- ner Gardine in der Elsteraue) zum Staunen über das kreative Potenzial der Region ein. Als Markenbotschafterin für die Stadt darf man das Amt der Plauener Spitzenprinzessin bezeichnen, das seit September 1996 existiert : Katja Balzer folgten Nadien Riedel (ab 1999), Yamina Hadji (ab 2004), Sophie Gürtler (ab 2007), Maria Nenner (ab 2010), Rika Maetzig (ab 2013), Barbara Riss (ab 2017) und Maxi Schulz (ab 2021). Von den in der DDR vorhandenen Neonschrift-Werbe­ anlagen der VEB Plauener Gardine, Wema, Voka, Damen- mäntel Plauen, Plauener Spitze, Vowetex Plauen, Glüh- lampenwerk Plauen (bis 2007 noch »Narva. Autolampen aus Plauen« an der Pausaer Straße) ist 2021 nichts mehr zu sehen, nur Sternquell leuchtet noch, allerdings er- neuert, am alten Standort. Zur Entwicklung der Bevölkerung Die Internationale Statistikkonferenz von 1887 legte fest, dass alle Städte mit über 100 000 Ein- wohnern als Großstädte gelten. Landstädte haben unter 5 000 Einwohner, Kleinstädte weniger als 20 000 Einwohner und Mittelstädte unter 100 000 Einwohner. Betrachtet man Plauen unter diesem Gesichtspunkt, ergibt sich eine Entwicklung von der Kleinstadt über die Mittelstadt 1866/67 bis zur Großstadt 1904 sowie infolge der Bevölkerungsverluste nach dem Zweiten Weltkrieg zurück zur Mittelstadt. Die funk- tionale Stadtstruktur im Mittelalter und in der Neu- zeit vor der Industriellen Revolution ähnelt trotz geringerer Bevölkerungszahlen der heutigen Stadt- struktur sehr. Die Zahlen der Geburten und Sterbefälle sind die Komponenten der natürlichen Bevölkerungsbewe- gung, während die Zu- und Fortzüge die räumliche abbilden. Diese Prozesse werden durch die unter- schiedlichsten sozioökonomischen Aspekte beeinflusst. Der stetige Rückgang der Bevölkerung konnte auch durch die Eingemeindungen nicht aufgehalten wer- den. Die negative natürliche Bevölkerungsentwick- lung wird durch eine negative räumliche begleitet. Die Überalterung der städtischen Bevölkerung ist auf die Abwanderung junger Menschen nach 1989 zurückzuführen. Von 1990 bis 2019 hatte sich der Anteil der unter 18-Jährigen um 32,7 Prozent verrin- gert, während der Anteil der über 65-Jährigen im gleichen Zeitraum um 40,4 Prozent angewachsen ist. Seit 1971 hatte Plauen keinen Geburtenüber- schuss mehr, das heißt, die Sterberate war immer höher als die Geburtenrate. Dagegen ist der Wande- rungssaldo, der 1990 negativ war, seit 2009 wieder im positiven Bereich. Uwe Ulrich Jäschke

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