Leseprobe

273 Die Herrschaft der Nationalsozialisten Kommunalwahlen neu gebildet. Die NSDAP verfügte nun- mehr im Rat über drei Viertel aller Sitze. In den Märztagen des Jahres 1933 tauchte der be- kannte SPD-Politiker Eugen Fritsch unter. Er hatte guten Grund dazu, weil er sich seit der Mitte der 20er-Jahre zum Intimfeind Mutschmanns entwickelt hatte. Der Ver- fechter der Weimarer Republik und ausgewiesene Geg- ner der aufkommenden nationalsozialistischen Bewe- gung attackierte als Schriftleiter der »Volkszeitung« und als Stadtverordneter der SPD nicht nur unablässig die Politik und Programmatik der NSDAP, sondern auch deren höchste Würdenträger. Fritsch klagte 1925 öffent­ lich den sächsischen Landesleiter der NSDAP, Mutsch­ mann, als »Garnschieber des ersten Weltkrieges« und Hitler als »Mann der Großfinanz« 4 an. Mutschmann und Hitler führten daraufhin vor dem Plauener Amtsgericht einen Prozess gegen Fritsch. Eugen Fritsch wurde 1933 verraten, von Hof nach Plauen überstellt, im Rathaus inhaftiert und misshandelt. Hier begann sein Leidensweg, der über die Zwischensta- tion Zuchthaus Osterstein schließlich im KZ Hohnstein in der Sächsischen Schweiz endete. Intimfeind Fritsch wurde auf persönlichen Befehl von Gauleiter Mutschmann derart schwer misshandelt, dass er an den ihm beige- brachten Verletzungen am 8. September 1933 verstarb. Die »Säuberung« der städtischen Verwaltung Mit dem am 7. April 1933 erlassenen »Gesetz über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« sollte im »Dritten Reich« eine politisch zuverlässige und auch moralisch einwandfreie Beamtenschaft geschaffen werden. Das hieß im Klartext : Entlassung von »Partei- buch-Beamten« (§ 2), von Kommunisten (§ 2a) und im »Dienstinteresse« (§ 6); Ruhestand für »Nichtarier« so- wie »politisch Unzuverlässige« (§ 4). Bei der Stadtverwaltung hatten zwischen April und Juni 1933 »alle Beamten, Angestellten und Arbeiter, die Mitglieder marxistischer Parteien waren, [...] ihren Aus- tritt aus diesen Parteien erklärt«. Diese wurden, »so- weit sie als politisch Verführte zu betrachten waren, verwarnt und zur Mitarbeit für die Ziele der national- sozialistischen Regierung aufgefordert«. 5 Über den Umfang der politisch motivierten »Säuberung« im Plau- ener Rathaus gibt folgende Übersicht Auskunft : Entlassungsgrund Beamte Angestellte Arbeiter § 2 1 – – § 2a 1 – 37 § 4 12 14 74 § 6 5 – – »Was Plauen alles plant« Im April 1935 und im Oktober 1937 gaben Ausstellungen Einblicke in die neuen Intentionen folgenden städtebau- lichen Vorstellungen des Plauener Stadtplanungsamtes, der städtischen Bauverwaltung und des Oberbürger- meisters, Stadtbaurat Wörner. »Was Plauen alles plant« – unter diesem Titel refe- rierte Wörner im Februar 1938 zur städtischen Entwick- lung des Jahres 1937 und zu künftigen Vorhaben. Auf seiner Agenda fanden sich unter anderem folgende Vor- haben : ④ Das 1926 eröffnete städtische Freibad in Haselbrunn an einem gut besuchten Tag, um 1935 Sammlung Peter Winkler

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