Leseprobe

121 Schon bei seiner Ankunft in der Ewigen Stadt muss Permoser auf die Gestaltungskraft Berninis getroffen sein, denn er wird Rom – wie alle Reisenden aus dem Norden – durch die Porta del Popolo betreten haben. Diese war von Bernini für den Empfang der Königin Christina von Schwe- den neu gestaltet worden, ebenso wie die daran anschließende Piazza del Popolo mit ihren Zwil- lingskirchen Santa Maria in Montesanto und Santa Maria dei Miracoli.6 Vielleicht schlug Permo- ser danach den für Pilger üblichen Weg ein und begab sich über die Via di Ripetta zur Engelsbrü- cke, um den Tiber zu überqueren und so direkt nach Sankt Peter zu gelangen. Die Engelsbrücke, der antike pons aelius , leitet ihren Namen von der Engelsburg – dem antiken Mausoleum des Hadrian – ab und war seit 1667 durch Bernini und seine Werkstatt mit einer Schar überlebensgro- ßer Engelsstatuen, die Werkzeuge der Passion Christi halten, geschmückt worden.7 Was Permoser, der süddeutsche Bauernsohn, der bisher nur Salzburg und Wien gesehen hatte, gefühlt haben mag, als er diese Brücke überquerte und dann durch den damals noch engverbauten Borgo Nuovo die Kolonnaden des Petersplatzes erreichte, kann man sich vorstellen. Dass er den alten Bernini, der ja noch am Leben war und in diesen Jahren letzte Arbeiten wie die Seelige Lodovica Albertoni für San Francesco al Ripa vollendete, getroffen hat, ist eher unwahrscheinlich. Studiert hat er seine Werke aber so intensiv, dass sie ihm noch Jahrzehnte später im Gedächtnis blieben. Wenig ist bekannt aus Permosers römischer Zeit, die er sicher auch mit dem Studium der Werke der Antike zugebracht hat, in der er aber auch schon selbst schöpferisch tätig war, wie die noch etwas groben Stuckhermen im Garten des Palazzo Grillo bezeugen.8 Besser greifbar Abb. 93 Balthasar Permoser, Marsyas , um 1680–1685, Marmor, Metropolitan Museum of Art, New York Abb 94 Gian Lorenzo Bernini, Anima dannata , um 1619, Marmor, Palazzo di Spagna, Rom

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