Leseprobe

215 Häftlingsschicksale Heike Waterkotte Politische Gefangene von 1976 bis 1978 Die in West-Berlin lebende Heike Waterkotte beteiligt sich an Protesten gegen die Ausbürgerung des DDR-Liedermachers Wolf Biermann. Im Dezember 1976 wird sie in Ost-Berlin von der Staatssicherheit festgenommen. Heike Waterkotte, geboren 1956 in Wanne-Eickel, verliebt sich bei regel­ mäßigen Besuchen kirchlicher Gruppen in Ost-Berlin in einen DDR-Bürger. Nach ihrem Abitur 1976 zieht sie nach West-Berlin und leistet ein freiwilliges soziales Jahr ab. Aufgrund der persönlichen Beziehung, aber auch aus Idealismus engagiert sie sich stark in den politischen Diskussionen in ihrem Ost-Berliner Freundeskreis. Die Ausbürgerung Biermanns wird für die Jugendlichen zum Auslöser, offen gegen die repressive Innenpolitik der SED zu protestieren. Gemeinsam verfassen sie im November 1976 einen Aufruf. Waterkotte lässt ihn im Westen drucken und schmuggelt 500 Exemplare in den Ostteil der Stadt. Unbehelligt kehrt sie zurück. Die Freunde werden bei der Verteilung der Flug- blätter verhaftet. Waterkotte ahnt das Scheitern der Aktion. Trotzdem wagt sie sich eine Woche später nach Ost-Berlin. Am Grenzübergang wird sie sofort festgenommen. Das Stadtgericht Berlin verurteilt Heike Waterkotte im Dezember 1976 wegen »staatsfeindlicher Hetze« zu drei Jahren und acht Monaten Haft. Im August 1977 wird sie nach Bautzen II eingeliefert. Die drei Ost-Berliner Freunde erhalten Strafen von bis zu dreieinhalb Jahren Haft, die sie bis zu ihrem Freikauf durch die Bundesrepublik in Brandenburg verbüßen. Im Mai 1978 wird auch Heike Waterkotte freigekauft. Das Landgericht Berlin hebt 1993 das Urteil gegen sie auf. Heike Waterkotte lebt heute in Hamburg und arbeitet als Sozialpädagogin. Heike Waterkotte, 1972 Privatbesitz

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