Leseprobe

213 Häftlingsschicksale Bodo Strehlow Politischer Gefangener von 1979 bis 1989 Bodo Strehlow will im August 1979 mit einem Schiff der DDR-Volksmarine über die Ostsee in den Westen fliehen. Die Flucht scheitert. Strehlow, Jahrgang 1957, verpflichtet sich nach dem Abitur für vier Jahre zum Dienst bei der Volksmarine der DDR. Er hofft dadurch, den gewünschten Physik­ studienplatz in Moskau zu bekommen. Während seines Dienstes auf einem Pa- trouillenschiff ist er daran beteiligt, DDR-Flüchtlinge auf der Ostsee aufzugreifen. Seine Zweifel am Grenzregime der DDR wachsen. Er protestiert gegen die un- menschliche Behandlung der aufgegriffenen Flüchtlinge und legt sein Amt als FDJ-Sekretär an Bord nieder. Ihm wird mit der Aberkennung seines Studien­ platzes gedroht. Strehlow sieht keine Perspektiven mehr für sich in der DDR. Im August 1979 schließt er die Besatzung unter Deck ein und nimmt Kurs nach Westen. Die Mannschaft sprengt das verschlossene Luk auf. Strehlow gibt Warnschüsse in die Luft ab. Durch den Einsatz von Handgranaten wird er schwer verletzt überwältigt. Er kommt in Stasi-Untersuchungshaft nach Berlin-Hohen- schönhausen. Im April 1980 verurteilt das Militärobergericht der DDR in Neu- brandenburg Strehlow zu lebenslanger Haft wegen »Terror, mehrfachen ver- suchten Mordes, Fahnenflucht und Geheimnisverrat«. Im Juli 1980 weist ihn die Stasi nach Bautzen II ein. Er ist über neun Jahre lang in Isolationshaft. In Folge der Friedlichen Revolution wird Strehlow im De- zember 1989 begnadigt. Er verlässt sofort die DDR und beginnt in Heidelberg ein Physikstudium. Das Landgericht Neubrandenburg hebt 1992 das Urteil gegen ihn auf. Bodo Strehlow lebt heute in Heidelberg und arbeitet in der Computerbranche. Bodo Strehlow nach einem Jahr Flottenschule, 1976 Privatbesitz

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