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222 1945–1950 vor Gericht Martin Mutschmann (1879–1947) Der Textilunternehmer Martin Mutschmann wurde im Juni 1925 von Adolf Hitler zum Gauleiter von Sachsen ernannt. Er war neben diesem Amt seit 1933 auch Reichsstatthalter, seit 1935 Ministerprä- sident und imWeltkrieg noch Reichsverteidigungs- kommissar von Sachsen und konnte sich so eine fast unangreifbare Position im Machtgefüge des »Dritten Reiches« aufbauen. Knapp 20 Jahre nach Übernahme der Gauführer- schaft stand Martin Mutschmann vor den Trüm- mern seiner Karriere. Seine Durchhalteparolen wurden obsolet, als die Reste der Wehrmacht am 7. Mai 1945 Dresden in Richtung Prag räumten. Der Gauleiter suchte sein Heil in der Flucht. Er ver- steckte sich im Osterzgebirge und machte sich Mitte Mai 1945 auf den Weg nach Oberwiesenthal, wohin er bereits seine Ehefrau geschickt hatte. Am 16. Mai nahmen ihn Ortspolizisten in der Ortschaft Tellerhäuser fest. Nachdem Martin Mutschmann auf dem Annaberger Marktplatz demütigend zur Schau gestellt worden war, kam er in Gewahrsam der sowjetischen Besatzungsmacht. Nach Verhören in Chemnitz und in Dresden wurde der ehemalige Gauleiter am 28. Mai 1945 nach Moskau gebracht. Die sowjetische Führung überlegte zunächst, Mar- tin Mutschmann vor ein sächsisches »Volksge- richt« zustellen, dann, ihn dem Internationalen Militärgerichtshof zu übergeben. Zuletzt entschied sie sich für ein geheimes Verfahren in Moskau. Das im August 1945 in Sachsen zusammengetragene Belastungsmaterial über seine Beteiligung an Ver- brechen in den frühen Konzentrationslagern, auch Martin Mutschmanns eigene Aussagen über seine Unterstützung der »Euthanasie«-Morde ( a S. 294) flossen weder in die Anklage noch in das Urteil ein. Das Militärkollegium des Obersten Gerichts kon- zentrierte sich allein auf die Misshandlungen von Sowjetbürgern auf dem Gebiet Sachsens, wofür Martin Mutschmann qua Amt verantwortlich ge- macht wurde. Auf der Grundlage des Ukas 43 er- hielt Martin Mutschmann im Januar 1947 das To- desurteil. 14 Tage später wurde er in Moskau er- schossen.  GH Quellen Archiv FSB, Akte Martin Mutschmann (Kopie im HAIT) BArchB, SAPMO, DY 55 V 278/2, Nr. 72 Schmeitzner (2011) Martin Mutschmann Foto, 1945, GMPD

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